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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Portugal: Von der Mobilisierung zum Widerstand 309<br />

und ein allgemeines Misstrauen gegenüber etablierten politischen Parteien und<br />

Organisationen, wie wir es in diesem Ausmaß noch nicht erlebt hatten (das Gefühl<br />

gab es schon in Portugal, wurde aber noch nie so laut und dezidiert zum<br />

Ausdruck gebracht wie heute). Die niederschmetternden Wahlergebnisse der<br />

Linken, die 40 Prozent Wahlenthaltung und der fortgeschrittene Prozess der Institutionalisierung<br />

der radikalen Linken (auf den wir später noch eingehen werden)<br />

schufen eine Atmosphäre und den politischen Raum für das Misstrauen gegenüber<br />

politischen Organisationen und Gewerkschaften. Es ist wichtig, diesen<br />

Zusammenhang zu verstehen, da es ein Problem ist, mit dem die radikale Linke<br />

heute noch konfrontiert ist.<br />

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Verhältnis zur CGTP. Der im Jahr 2007<br />

angebahnte Dialog zwischen den Bewegungen und den Gewerkschaften ist sehr<br />

beschränkt. Die Zusammenarbeit zwischen den sozialen Bewegungen und der<br />

Gewerkschaftsbürokratie ist dennoch eine sehr erfreuliche Entwicklung. Sie ist<br />

Beleg dafür, dass die Aktivistinnen und Aktivisten der Bewegung sich nicht gegen<br />

die traditionellen Arbeiterorganisationen stellen. Aber ihre Reichweite ist<br />

nach wie vor sehr begrenzt. Ihnen fehlt jegliche Organisation an der Basis, über<br />

die sie breitere Teile der Arbeiterklasse direkt ansprechen könnten, so dass sie<br />

auf den guten Willen der bürokratischen Führungen angewiesen bleiben.<br />

»Scheiß auf die Troika – wir wollen unser Leben zurück!«<br />

Nach den Demonstrationen im Oktober gab es fast ein ganzes Jahr lang keine<br />

Proteste mehr. Es gab zwar einen Generalstreik am 22. März und Kämpfe in einzelnen<br />

Branchen. Aber die großen Medien und die Politik zeichneten ein Bild<br />

von Portugal als Musterschüler des europäischen Südens. Die Bevölkerung akzeptiere<br />

die Notwendigkeit der Sparpolitik und sehe ein, dass sie über ihre Verhältnisse<br />

gelebt habe und deswegen Opfer bringen müsse. Das portugiesische<br />

Volk und die Regierung würden in der Troika einen guten Freund sehen.<br />

Das Bild ist nicht vollkommen falsch: Die Vorstellung von der Unvermeidlichkeit<br />

der Sparpolitik beherrschte tatsächlich das Denken der Menschen. Viele<br />

dachten, es gäbe dazu keine Alternative, und suchten nach individuellen Lösungen.<br />

Eine politische Antwort fiel auch deswegen schwer, weil manche der von<br />

der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen bis <strong>2013</strong> hinausgezögert wurden, so<br />

dass die Auswirkungen auf die Bevölkerung gedämpft wurden. Portugal schien<br />

sich den Forderungen der Troika fügen zu wollen, und wurde als positives Gegenbeispiel<br />

zu Griechenland hingestellt, wo die Linke gerade begonnen hatte, die<br />

politische Landschaft auf den Kopf zu stellen.<br />

Angesichts dieser Flaute riefen Organisatoren der Bewegung gegen Prekarität<br />

zusammen mit anderen, darunter auch öffentlichen Persönlichkeiten, zu einer

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