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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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134 Die Arbeiterklasse heute<br />

von Arbeitnehmern in den privaten und öffentlichen Dienstleistungssektoren gekennzeichnet<br />

sind (Prozess der Tertiarisierung der Wirtschaft)« 23 .<br />

Gerade in den Bereichen der neuen Medien und auch in vielen mittlerweile<br />

outgesourcten Bereichen, die ehemals Teil des Öffentlichen Dienstes waren, gibt<br />

es so gut wie keine kollektive Interessenvertretung. Dies verstärkt das Interesse<br />

der einzelnen Unternehmen, tarifvertragliche Auseinandersetzungen auf die betriebliche<br />

Ebene zu holen. Hier stehen betriebliche Interessen im Mittelpunkt der<br />

Diskussion, und ein Lohnkostenwettbewerb zwischen den einzelnen Unternehmen<br />

kann leicht dazu führen, dass vor Ort tariflichen Verschlechterungen zugestimmt<br />

wird, um die Existenz des eigenen Unternehmens nicht zu gefährden.<br />

Und selbst innerhalb der Betriebe wird beispielsweise durch Werkverträge und<br />

Leiharbeit eine weitere Fragmentierung der Beschäftigten geschaffen. Dies kann<br />

dazu führen, dass der einzelne Beschäftigte verunsichert und vereinzelt einem<br />

verästelten Unternehmensgeflecht gegenüber steht. Umgekehrt schafft diese<br />

Entwicklung allerdings auch Möglichkeiten, die in den letzten Jahren immer stärker<br />

ausgenutzt werden. So ist die Produktion innerhalb dieser Unternehmensverflechtung<br />

minutiös aufeinander abgestimmt. Bereits kleine Störungen im Betriebsablauf<br />

können die gesamte Produktion behindern oder sogar lahmlegen.<br />

So reichte beim Streik der Opel-Arbeiter in Bochum eine Arbeitsniederlegung<br />

von wenigen Tagen, um die Produktion in ganz Europa zu gefährden. Einige<br />

Komponenten der Opel-Produktion wurden nur in Bochum hergestellt, und in<br />

keinem der anderen Werke gab es noch ein größeres Lager, da die Produktion<br />

überall auf »just-in-time« umgestellt war. Jedes Werk produziert also genau nach<br />

dem Bedarf und abgestimmt mit den zeitlichen Abläufen der anderen Werke.<br />

Auch im Dienstleistungssektor hat die Umstellung der Arbeitsabläufe neue<br />

Möglichkeiten des Streiks geschaffen. So können neuralgische Punkte in den Unternehmen<br />

dafür sorgen, dass es zu erheblichen finanziellen Auswirkungen kommen<br />

kann. Im Krankenhaussektor reicht beispielsweise ein Ausstand der Dokumentation<br />

oder der Pflegekräfte in den OPs, um die Einnahmen der Kliniken erheblich<br />

zu reduzieren. Im Öffentlichen Personennahverkehr erzielt ein Streik des<br />

Kontrollpersonals eine ähnliche Wirkung.<br />

Einige Berufsgruppen, wie die Ärzte, die Piloten oder auch die Lokführer haben<br />

in den letzten Jahren die erhebliche Verhandlungsmacht, die aus einer solchen<br />

Sonderstellung heraus entsteht, genutzt, um erfolgreiche Streikauseinandersetzungen<br />

zu führen. Dadurch sind auch sogenannte Spartengewerkschaften entstanden,<br />

die sich nur für die speziellen Interessen dieser Berufsgruppen einsetzen.<br />

23<br />

Keller, Berndt 2008: Einführung in die Arbeitspolitik. Arbeitsbeziehungen und Arbeitsmarkt in<br />

sozialwissenschaftlicher Perspektive, 7. völlig überarbeitete Auflage: 53

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