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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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52 Strategien gewerkschaftlicher Erneuerung<br />

Marx lernte von dem Aufstand der Pariser Kommune (1871) und konkretisierte<br />

im Licht der Erfahrungen der Kommune seine Idee von einem Arbeiterstaat<br />

und einer sozialistischen Demokratie. Lenin lernte in der Revolution 1905 aus<br />

den frühen Koordinationsversuchen der Streikenden in Form von Sowjets. Anfänglich<br />

war er sogar sehr skeptisch, was diese neuen Organisationsansätze anging<br />

– später verallgemeinerte er diese dann zu einer Theorie einer rätebasierten<br />

Staatsform. Wir denken es ist heute auch an der Zeit, dass Marxisten und radikale<br />

Linke von diesen neuen Kämpfen und strategischen Ansätzen, die wir oben<br />

beschrieben haben, lernen. Insofern halten wir es für entscheidend, dass ein strategischer<br />

Suchprozess die Erfahrungen der kämpferischen Minderheit aufnimmt<br />

und durchdenkt und diesen kreativen Prozess, der über die letzten zehn Jahre<br />

stattgefunden hat, zum Ausgangspunkt einer theoretischen Reflektion macht.<br />

Allerdings besteht die Gefahr, die Durchsetzung von kämpferischen Ansätzen<br />

darauf zu reduzieren, dass die neuen Ansätze einfach vorgemacht und verbreitert<br />

werden müssen. Dies wäre eine große Unterschätzung der Gegenkräfte, die einer<br />

kämpferischen Politik entgegenstehen.<br />

Die 1970er Jahre: Laboratorium der gewerkschaftlichen<br />

Erneuerung<br />

Ein Blick in die Geschichte der Klassenkämpfe der 1970er Jahre kann hier helfen.<br />

Die spontanen, selbständigen Streiks 26 1969 und 1973, aber generell die<br />

1970er Jahre bis zur Rückkehr der kapitalistischen Krisenzyklen und, damit einhergehend,<br />

der Rückkehr der Massenarbeitslosigkeit (1975, 1982) zeigen, wie<br />

kämpferische Ansätze sich aus betrieblichen Kämpfen heraus entwickeln und<br />

verallgemeinern können – und auf welche Herausforderungen sie dann stoßen.<br />

Der Aufschwung von Streiks und Klassenkämpfen in den Jahren von 1969 bis<br />

1974 ist in der Geschichte der Bundesrepublik einmalig. 27 Der Arbeitskampfexperte<br />

Heiner Dribbusch beschreibt: »Zwischen 1969 und 1976 lassen sich allein<br />

im erweiterten Bereich der Metall-, Elektro- und Stahlindustrie 1110 Arbeitsnie-<br />

26<br />

Zur Begrifflichkeit »spontane Streiks« schrieb Walter Müller-Jentsch richtig: «Wegen des negativen<br />

Beigeschmacks des Wortes »wild« wird von Arbeitern und Gewerkschaftern die Bezeichnung<br />

»spontane Streiks« bevorzugt. Freilich wissen dabei die meisten, dass spontane Streiks nicht<br />

so spontan sind, dass sie keiner Vorbereitung und Absprachen oder Organisierung bedürften.«<br />

In »Die Spontane Streikbewegung 1973«, Kritisches Jahrbuch ´74, S.44<br />

27<br />

»Zwischen 1960 und 1989 stieg die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder im DGB um ca. 1,5 Millionen,<br />

wovon mit ca. 840.000 deutlich mehr als die Hälfte allein auf die IG Metall entfielen. Der<br />

entscheidende Wachstumsschub der IG Metall fand in den sieben Jahren zwischen 1967 und<br />

1974 statt.« Dribbusch, Heiner: Organisieren am Konflikt: Zum Verhältnis von Streik und Mitgliederentwicklung<br />

in: Dörre, Klaus/Haipeter, Thomas (Hrsg): Gewerkschaftliche Modernisierung,<br />

VS-Verlag 2011, S. 248

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