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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Das Potenzial der weiblichen Arbeiterklasse 227<br />

bleibt. Gleiches gilt für den Abschluss von Tarifverträgen, bei denen die besonderen<br />

Belange der Frauen oft hinten runter fallen. Und: In nur 12 Prozent aller<br />

Betriebe ab 20 Beschäftigten mit Betriebsrat gab es nach der WSI-Betriebsrätebefragung<br />

2008 eine betriebliche Vereinbarung zur Gleichstellung der Geschlechter.<br />

94<br />

Dieses »inhaltliche« Defizit ist eng mit der Arbeitsweise der Gewerkschaften<br />

verbunden. Es ist ein größeres Problem, dass Frauen in den aktiven gewerkschaftlichen<br />

Gremien oft unterrepräsentiert sind. Eine Befragung unter Ehrenamtlichen<br />

ergab: »Das geringe Interesse der Frauen liegt vor allem an der zeitlichen<br />

Zusatzbelastung, die die Tätigkeit als Betriebsrätin bzw. Gewerkschaftsfunktionärin<br />

erfordert und die mit Familienpflichten schwer vereinbar ist. Einige<br />

Expertinnen berichten, dass es deshalb bei in der Gewerkschaft aktiven Frauen<br />

eine Alterslücke während der Familienphase gibt.« 95 Ähnliches dokumentiert eine<br />

unveröffentlichte Untersuchung zur Vereinbarkeit von Privat- und Arbeitsleben<br />

in der Gewerkschaftsarbeit bei ver.di und der Gewerkschaft der Polizei. Danach<br />

sagen ehrenamtlich tätige Gewerkschafterinnen, »dass sie in ihrem Engagement<br />

nicht gehindert werden, – allerdings auch keine ›besondere‹ Unterstützung bekommen.<br />

Sie müssten ›selber gucken, wie ich alles auf die Reihe kriege.‹ Mehrere<br />

Interviewpartnerinnen gaben an, dass sie keine Kinder hätten, ›mit Kindern ginge<br />

das bei mir gar nicht‹.« 96<br />

Positive Erfahrung: Schlüsselfrage Selbstaktivität<br />

Wenn es den Gewerkschaften nicht gelingt, in ihrer ganz konkreten gewerkschaftlichen<br />

Praxis die spezifischen Problemlagen der arbeitenden Frauen aufnehmen,<br />

wird es schwer, Frauen zu erreichen und ihr Potential zu nutzen. Das<br />

dies aber möglich ist, zeigen internationale Erfahrungen. Beispielsweise haben<br />

sich in den 1990er Jahren die britischen Gewerkschaften »für die Einbeziehung<br />

von Fraueninteressen strategisch« geöffnet, wobei sie aber keine engere Frauenpolitik<br />

verfolgten, sondern den Schwerpunkt auf die prekäre und atypische Beschäftigung<br />

legten. 97 2002/2003 lag der Organisationsgrad der Frauen mit 26<br />

Prozent über dem der Männer mit 24 Prozent. 98 Es ging hier weniger um geson-<br />

94<br />

Maschke, Manuela: Instrumente und Akteure betrieblicher Gleichstellungsförderung, in: Hans-<br />

Böckler-Stiftung: Geschlechterungleichheiten im Betrieb. Arbeit, Entlohnung und Gleichstellung<br />

in der Privatwirtschaft, Berlin 2010, S. 500.<br />

95<br />

Blaschke, Sabine: Frauen in Gewerkschaften, München 2008, S. 248.<br />

96<br />

Müller, Margaretha: Forschungsprojekt für eine verbesserte Work-Life-Balance von ehrenamtlich<br />

Aktiven für die ver.di/GdP , Berlin 2010.<br />

97<br />

Hans-Böckler-Stiftung, Zukunft der Gewerkschaften, S. 146f.<br />

98<br />

Ebbinghaus, Bernhard/Göbel, Claudia/Koos, Sebastian: Mitgliedschaft in Gewerkschaften Inklusions-<br />

und Exklusionstendenzen in der Organisation von Arbeitnehmerinteressen in Europa,<br />

Mannheim 2008, S. 16.

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