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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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36 Strategien gewerkschaftlicher Erneuerung<br />

ger zu verlieren haben und weil sozialpartnerschaftlich eingestellte Betriebsräte<br />

oft nicht vorhanden sind, die sich gegen Unruhe im Betrieb stellen könnten. Oft<br />

ist das Kräfteverhältnis zwischen Gewerkschaftsapparaten und lokalen Aktivisten<br />

für letztere günstiger.<br />

In einem stabilen Flächenvertragssystem sind Gewerkschafter in einem ständigen<br />

Verhandlungsaustausch mit dem Arbeitgeber. Sie haben immer einen großen<br />

Informationsvorsprung vor (kämpferischen) Basis-Mitgliedern und tendieren<br />

dazu, bereits nur solche Forderungen aufzustellen, die aus ihrer Sicht auch »realistisch«<br />

sind und ohne großes Kräftemessen mit dem Arbeitgeber erfüllt werden<br />

können. Und sie sind oft das einzige Medium, durch das eine Vernetzung etwa<br />

zu anderen Betrieben hergestellt wird.<br />

In den anderen zu beobachtenden Häuserkämpfen stehen sich aktive Belegschaftskerne<br />

und das Management direkt gegenüber. Die Gewerkschaft wird<br />

dann von den kämpferischen Betriebskernen hereingerufen, um den Konflikt zu<br />

führen, und hat dabei natürlich auch einen enormen Informations- und Erfahrungsvorsprung.<br />

Gleichzeitig gibt es aber weniger etablierte Strukturen und Pfade,<br />

auf die eine sozialpartnerschaftliche Tradition zurückgreifen kann. Insofern<br />

kann die Gestaltungsfähigkeit von kämpferischen Kernen in den Betrieben gegenüber<br />

der Gewerkschaft höher sein.<br />

Betriebliche Aktiven-Kerne können die Erfahrung machen, dass ihre kämpferische<br />

Initiative unmittelbar Erfolge mit sich bringt. Dies steht durchaus im Kontrast<br />

zu den Erfahrungen in den großen Flächentarifvertragsbewegungen, wo die<br />

kämpferische oder passive Haltung der Beschäftigten einzelner Betriebe oft nur<br />

sehr mittelbar einen Effekt auf das Gesamtergebnis hat. Die Kollegen können in<br />

diesen Häuserkämpfen sehr stark beteiligt sein und in Form von betrieblichen<br />

Tarifkommissionen auch direkt sehr weitgehend das Tarifbewegungsgeschehen<br />

kontrollieren. Auf diese Weise können sie direkt den Erfolg ihrer Arbeit in einer<br />

erfolgreichen Mobilisierung und schließlich in Bezug auf materielle Durchschlagskraft<br />

ihrer Bewegung erleben. Dies kann eine sehr hohe Motivation der<br />

neuen Mitglieder und eine Positivspirale von Erfolg zu Beteiligung und Aktivität<br />

zu mehr Erfolg mit sich bringen. So kann etwa in der größten Uniklinik Europas,<br />

in der Charité, beobachtet werden, dass die Gewerkschaftsgruppe dort systematisch<br />

die Streiks nutzte, um neue Aktivisten zu gewinnen, und in der Folge diese<br />

Aktivisten auf die Listen für die Betriebsratswahlen setzte. Während normalerweise<br />

die Betriebsräte sich an enge und langjährige Kooperation mit der Geschäftsleitung<br />

gewöhnen und es dazu viele institutionelle Anreize gibt, kann hier<br />

beobachtet werden, dass eine kämpferische Basisgruppe nach den Streiks 2006<br />

und 2011 jeweils die Betriebsratswahlen 2008 und 2012 nutze, um zentrale<br />

Streikaktive nach sehr kurzer Zeit auf die Liste für die Freistellungen zu setzen.<br />

D. h. während normalerweise die Sozialpartnerschaft und ihre Institutionen die

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