MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013
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148 Globalisierungsmythen und die »New Economy«<br />
Schließlich lohnt es sich festzuhalten, dass, obwohl die Argumente bezüglich<br />
des Standortswechsels von Kapital im allgemeinen für gültig erachtet werden, sie<br />
für die Schwächung der Arbeiterseite nur in den reichen Ländern herangezogen<br />
werden. Man sollte zumindest eine Parallelentwicklung in die andere Richtung erwarten,<br />
nämlich, dass eine mächtige Arbeiterklasse dort entstanden ist, wo es zuvor<br />
keine gab. Tatsächlich waren Kapitalinvestitionen in solchen Ländern wie<br />
Brasilien, Südkorea und Südafrika Anlass für eine sehr mächtige gewerkschaftliche<br />
Organisierung in diesen Ländern (mit all den damit zusammenhängenden<br />
Problemen), wo es vor nur wenigen Jahrzehnten noch keine Gewerkschaften<br />
gab. 51 Sie haben auch andernorts, besonders China, enormes Potenzial erreicht.<br />
Kurzum, das Bild einer allumfassenden kapitalistischen Globalisierung weist<br />
Lücken auf, und ein Zusammenhang mit den konkreten Erfahrungen der Arbeiter<br />
lässt sich kaum nachweisen. Das Kapital kann vor hohen Löhnen und Arbeitermilitanz<br />
die Flucht ergreifen – und hat dies in der Vergangenheit auch getan –,<br />
aber in weit geringerem Maß, als es die Vertreter solcher Theorien nahelegen.<br />
Die Schlussfolgerung ist, dass das Widerstandspotenzial »vor Ort« beträchtlich<br />
bleibt.<br />
Der Rückzug des Staats und das »Demokratiedefizit«<br />
Für viele Autoren ist der Abschwung der Arbeiterbewegung ein indirektes Ergebnis<br />
der schwindenden Macht des Staats. Reformen, die auf nationaler Ebene<br />
erkämpft wurden, werden durch die Erosion der Staatsmacht infolge der Kapitalmobilität<br />
wieder untergraben. Es entsteht ein »Demokratiedefizit« und eine<br />
»Aushöhlung« sozialer Absicherungen. 52 Die Schlussfolgerung lautet, dass die<br />
Arbeiterbewegung besser darauf verzichten sollte, in einer Arena um Macht zu<br />
kämpfen, aus der der Staat verschwunden ist, und sich stattdessen auf die globale<br />
Ebene konzentrieren sollte. Es gibt eine reformistische Variante dieser Argumentation,<br />
die solche globalen Institutionen wie die Internationale Arbeitsorganisation<br />
oder (noch eine Spur optimistischer) die Welthandelsorganisation oder aber<br />
die internationale Gewerkschaftsbürokratie als wahrscheinlichen Träger von Veränderung<br />
sieht. 53 Es gibt aber auch radikalere Interpretationen, die auf die Notwendigkeit<br />
verweisen, die Traditionen eines an der Basis verwurzelten Arbeiterinternationalismus<br />
wiederzuentdecken. 54<br />
Es ist wahrscheinlich nicht nötig, allzu lange bei dieser Perspektive zu verweilen.<br />
Die Ausführungen im vorangegangen Abschnitt haben sie zumindest implizit<br />
behandelt. Wenn das Kapital doch nicht so mobil ist wie so oft vorausgesetzt,<br />
51<br />
Moody, 1997.<br />
52<br />
Burnham, 1997. Burnham, sollte angemerkt werden, kritisiert diese Sichtweise.<br />
53<br />
Boswell und Stevis, 1997; Mazur, 2000; O’Brien, 2000; Hughes, 2002.<br />
54<br />
Waterman, 1999; Tilly, 1995; Radice, 1999.