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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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272 Die Klassenkämpfe in Europa<br />

Die Abwehrkämpfe, die das nach sich zieht, würde den Revolutionären erlauben,<br />

mittels der Einheitsfrontpolitik, die schon bald darauf von der Komintern<br />

angenommen wurde, neue Flügel der Arbeiterklasse zu erreichen. 15 In dieser<br />

Phase käme es aber zu weiteren drastischen Veränderungen in der Wirtschaftslage,<br />

und Revolutionäre müssten deren Bedeutung begreifen: »Weder Verelendung<br />

noch wachsender materieller Wohlstand können für sich genommen eine Revolution<br />

auslösen. Sehr wohl aber der Wechsel zwischen Wohlstand und Verelendung,<br />

die Krisen, die Unsicherheit, die Abwesenheit von Stabilität – das sind die<br />

treibenden Faktoren für die Revolution.« 16<br />

Trotzkis Anliegen in dieser Auseinandersetzung war es, den folgenden Standpunkt<br />

zu verteidigen: »Im Allgemeinen steht die proletarische revolutionäre Bewegung<br />

nicht in einer zwangsläufigen Abhängigkeit zu einer Krise. Es gibt lediglich<br />

eine dialektische Wechselwirkung.« 17 Mit einem Beispiel aus Russland begegnete<br />

er der vereinfachenden Interpretation der Kommentare Marx ʼ und Engelsʼ<br />

zu den Ereignissen von 1848:<br />

Die Revolution von 1905 war geschlagen worden. Die Arbeiter mussten große Opfer<br />

bringen. In den Jahren 1906 und 1907 gab es ein letztes revolutionäres Aufflackern<br />

und im Herbst 1907 brach eine schwere Weltwirtschaftskrise aus. Der Vorbote war<br />

der Schwarze Freitag an der Wall Street. In den Jahren 1907 und 1908 und 1909<br />

herrschte auch in Russland eine verheerende Krise. Sie versetzte der Bewegung den<br />

Todesstoß, weil die Arbeiter bereits während der Kämpfe schwer gelitten hatten,<br />

weshalb sie sich durch diese Depression nur noch gedrückter fühlen konnten. […]<br />

In den Jahren 1910, 1911 und 1912 verbesserte sich die wirtschaftliche Lage und es<br />

setzte ein industrieller Aufstieg ein, der das demoralisierte und erschöpfte Proletariat,<br />

das allen Mut verloren hatte, zu neuem Leben erweckte und zusammenschweißte.<br />

Erneut begriffen die Arbeiter, welch eine entscheidende Stellung sie im Produktionsprozess<br />

einnahmen; und sie gingen zur Offensive über, zunächst auf dem Feld der<br />

Wirtschaft und dann auf dem politischen Feld. 18<br />

Die Gestalt der Krise<br />

Wenn nach Trotzkis Analyse die allgemeine Gestalt der Krise so entscheidend ist,<br />

was sagt uns das dann über die aktuelle Situation? Die Krise, die 2007/08 einsetzte,<br />

ist nicht einfach Teil des Aufschwung-Abschwung-Zyklus und auch nicht<br />

bloß das Resultat einer Störung im Finanz- und Bankenwesen. Wie die Rezession<br />

in den 1930er Jahren ist auch die aktuelle Krise das Resultat eines langfristigen<br />

15<br />

Die Einheitsfront beinhaltete, dass Revolutionäre den reformistischen Anführern und den Arbeitern,<br />

die ihrer Führung weiterhin treu folgten, Angebote für gemeinsame Initiativen machten,<br />

ohne dabei ihre politische Unabhängigkeit aufzugeben. Siehe Trotzki, 1989.<br />

16<br />

Trotsky, 1973 b, S. 285–286.<br />

17<br />

Trotsky, 1973 a, S. 261.<br />

18<br />

Trotsky, 1973 a, S. 261–262.

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