MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013
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286 Die Klassenkämpfe in Europa<br />
deln. Und jedes Mal, wenn Streiks offiziell beschlossen wurden, beteiligten sich<br />
die Arbeiterinnen und Arbeiter in Scharen daran und erzeugten so neuen Druck<br />
für weitere Aktionen. Der Streik der Lehrer zum Beispiel, unter denen die Linke<br />
besonders stark ist, bot in der Anfangsphase der Krise ein Beispiel für Militanz<br />
und Selbstvertrauen. In der Folge erwies sich die starke Präsenz der Linken in<br />
diesem Sektor als zweischneidiges Schwert. Denn wegen der sektiererischen Traditionen<br />
von Teilen der Linken und der Jahre, in denen die Lehrkräfte oft allein<br />
streikten, kam die Vorstellung auf, dass sich ohne eine Verschiebung der politischen<br />
Kräfteverhältnisse nichts ändern werde. In letzter Zeit haben sich die Lehrer<br />
an den Generalstreiks weiter beteiligt, aber ansonsten weniger Arbeitskämpfe<br />
geführt. Nichtsdestotrotz leistete ihr früher Streik einen wichtigen Beitrag dazu,<br />
den Kampfesmut anderer zu stärken.<br />
Das dramatischste Anzeichen für die neue Kampfbereitschaft in Griechenland<br />
ist die Kette von Generalstreiks gegen die Sparmaßnahmen. Diese begannen unter<br />
der Pasok-Regierung und wurden nach deren Zusammenbruch im Jahr 2001<br />
und der Regierungsübernahme durch eine Koalition unter Führung der konservativen<br />
Nea Dimokratia fortgesetzt. Diese Streiks trugen dazu bei, ein Netzwerk<br />
militanter Arbeiteraktivisten herauszubilden, sie zu politischer Verallgemeinerung<br />
zu ermutigen und ihnen die Möglichkeit zu geben, in Austausch mit Beschäftigten<br />
unterschiedlicher Branchen zu treten. Während die anfänglichen Streiks dadurch<br />
gekennzeichnet waren, dass die Arbeiter dem Aufruf folgten und zu Hause<br />
blieben, finden sie zunehmend unter massenhafter Beteiligung der einfachen<br />
Gewerkschaftsmitglieder statt und umfassen öffentliche Versammlungen, Massendemonstrationen<br />
und Werksschließungen. Die Macht dieser Netzwerke wurde<br />
im Februar 2012 deutlich, als mit nur einem Tag Vorlauf ein 48-stündiger Generalstreik<br />
ausgerufen wurde, obwohl für dieselbe Woche bereits ein 24-stündiger<br />
Generalstreik angesetzt war. Die kämpferischen Arbeiteraktivisten konnten<br />
den Erfolg des neu ausgerufenen Streiks sicherstellen.<br />
Jeder der letzten Generalstreiks stand am Ende vorausgegangener Aktivitäten<br />
in einzelnen Branchen und trug meist nach einer kurzen Verschnaufpause dazu<br />
bei, neue branchenbezogene Aktivitäten auszulösen. Eine zentrale Debatte in der<br />
Bewegung ist zurzeit die über anhaltende Aktionen. Arbeiter wollen wissen, wie<br />
sie über ein- oder zweitägige Streiks hinausgehen können. Das erklärt, warum die<br />
Regierung so hart gegen Arbeitergruppen vorgeht, die länger dauernde Aktionen<br />
durchführen. Zu ihnen gehören Seeleute und U-Bahn-Beschäftigte in Athen, die<br />
dienstverpflichtet wurden, um ihre Streiks zu brechen.<br />
Die Kluft zwischen den Arbeitern und der Gewerkschaftsbürokratie ist mittlerweile<br />
so tief, dass Spitzenfunktionäre der Gewerkschaftsbünde es vermeiden,<br />
während Generalstreiks auf Demonstrationen aufzutreten. Auch auf Betriebsversammlungen<br />
werden Stimmen laut, die den Führungsanspruch der Gewerk-