MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013
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140 Globalisierungsmythen und die »New Economy«<br />
finden und Arbeiter an einem Ort gegen Arbeiter an anderen auszuspielen. Es<br />
wirke sich aber auch mittelbar aus, indem die Fähigkeit von Nationalstaaten, arbeitnehmerfreundliche<br />
und soziale Reformen zu gewähren, ebenfalls untergraben<br />
werde. 3 Vor allem Finanzdienstleistungen könnten einfach an Orte umziehen,<br />
an denen der Staat ihnen eine förderlichere Umgebung bietet. Durch seine<br />
Mobilität sei das Kapital in der Lage, mehr »Wohlfahrt für Unternehmen« herauszuholen,<br />
während die sich daraus ergebenden Lasten auf die ärmsten und am<br />
wenigsten mobilen Menschen, vor allem die Arbeiter, abgewälzt würden. 4 Die<br />
Globalisierung bringe somit Arbeiter an unterschiedlichen Orten in immer schärfere<br />
Konkurrenz zueinander.<br />
Zum anderen wird behauptet, dass der »desorganisierte Kapitalismus« die soziale<br />
Ausdifferenzierung immer mehr verstärke. 5 Neue Technologien, vor allem<br />
im Bereich der Information und Kommunikation, veränderten demnach Unternehmensstrukturen<br />
wie auch die Arbeit an sich. Die riesigen Fabriken des Industriekapitalismus<br />
wichen komplexen Netzwerken kleinerer Firmen, während Wissenstechniken<br />
und die »symbolische Manipulation« physische Arbeit zunehmend<br />
verdrängten. 6 In dieser »New Economy« gehe es manchen Facharbeitern gut,<br />
aber nur als Individuen, nicht als Kollektiv. Andere Arbeitsfelder verlören an<br />
Wert, und die Konkurrenz um immer weniger einfache Tätigkeiten bürde denen<br />
ganz unten immer mehr Leid auf. Auch nüchternere Beobachtungen bezeugen<br />
eine zunehmende Polarisierung innerhalb der Arbeiterklasse, wobei die beiden<br />
Extreme der Qualifikationsskala, die historisch am schwierigsten zu organisieren<br />
sind, sich auf Kosten der Mitte immer mehr ausdehnten. 7<br />
Viele Sozialwissenschaftler haben Karriere gemacht mit der Identifikation und<br />
Etikettierung dieser Veränderungen. Währenddessen vertritt eine Minderheit von<br />
Kritikern den Standpunkt, diese würden überbewertet. Dieses Bild von Veränderung<br />
hat auch seine eigene Geschichte von Kontinuität, historischen Präzedenzen<br />
und gegenwärtigen Vorbehalten. Es gibt keinen absoluten Maßstab, um Veränderung<br />
gegen Kontinuität abzuwiegen, so dass das akademische Karussell sich<br />
munter weiterdrehen darf. Für Marxisten ist die sozialistische Strategie die zentrale<br />
Frage. Wenn die Behauptungen über neue Trends der Globalisierung und<br />
die New Economy dazu beitragen, neue Kampffelder zu identifizieren und alte<br />
auszuschließen, dann sind es nützliche Konzepte. Für viele auf der Linken macht<br />
die Globalisierung den Internationalismus zu einer noch dringlicheren Aufgabe<br />
3<br />
Rowley und Benson, 2000.<br />
4<br />
Frieden, 1991; Strange, 1996.<br />
5<br />
Castells, 1996, 1997 und 2000; Lash und Urry, 1987 und 1994; Murray, 1988; Piore und Sabel,<br />
1984; Hyman, 1992; Reich, 1991.<br />
6<br />
Reich, 1991.<br />
7<br />
Hyman, 1999.