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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Das Potenzial der weiblichen Arbeiterklasse 203<br />

Rechte und Unterstützungsleistungen wie den Männern zugestanden wurden –<br />

eine für die damalige Zeit ungeheuer fortschrittliche Auffassung. Hinzukam die<br />

Einrichtung einer Krankenkasse, die Unterstützungsgelder für Schwangere und<br />

stillende Mütter zahlte. 29 Das war ein enormer Schritt vorwärts und keineswegs<br />

selbstverständlich. Drei Jahre später beschloss ein neugegründeter Zusammenschluss<br />

verschiedener Gewerkschaften (die »Union«) gegen »alle Frauenarbeit<br />

in den Fabriken und Werkstätten zu wirken und dieselbe abzuschaffen.« 30<br />

Die Gründung der ersten gemeinsamen Organisation in Sachsen stand für<br />

einen gemeinsamen Kampf von arbeitenden Frauen und Männern. Diese Entwicklung<br />

hatte im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen wurde sie aus der Praxis<br />

geboren: Viele Frauen der Arbeiterklasse waren gezwungen zu arbeiten,<br />

strömten in die Fabriken, weil der Lohn des Mannes für die Familie nicht ausreichte<br />

oder sie selbst als junge Frauen für ihr Einkommen zu sorgen hatten. So<br />

führten sie auch Auseinandersetzungen um Lohn und Arbeitsbedingungen. Zum<br />

anderen zeigte sich der Einfluss der Ersten Internationale, einem 1864 gegründeten<br />

Zusammenschluss verschiedener Arbeiterparteien und -vereinigungen, die<br />

maßgeblich von den Ideen von Karl Marx geprägt war. Ein Jahr nach ihrer<br />

Gründung befasste sich die Erste Internationale bei einer Tagung in London mit<br />

der Frage der Frauenarbeit. Die war durch Ausbeutung, Nachtarbeit und Niedriglöhne<br />

geprägt. Stimmen, die der Frau ihren Platz in der Familie und dem<br />

Haushalt zuweisen wollten, blieben in der Minderheit. Stattdessen nahm der<br />

Kongress eine von Marx ausgearbeitet Denkschrift an, deren grundlegende Botschaft<br />

lautete: »nicht Verbot der industriellen Frauenarbeit, sondern Schutz der<br />

Arbeiterinnen«. 31<br />

Der Einfluss der Ersten Internationalen sei »entscheidend dafür gewesen, dass<br />

die sich sammelnde Vorhut des deutschen Proletariats in Bezug auf die industrielle<br />

Frauenarbeit die Lehren der Klassenlage verstehen lernte«, schrieb Clara Zetkin<br />

in ihrer »Geschichte der proletarischen Frauenbewegung Deutschlands«. 32<br />

Auch international blieb die politische Überzeugungsarbeit der Ersten Internationale<br />

nicht ohne Wirkung. 1867 traten ihr die Frauen des Schuhmacherverbandes<br />

aus England bei, 1869 die Seidenzwirnerinnen von Lyon in Frankreich. Dem<br />

vorausgegangen war eine breite Solidaritätsarbeit der Internationale für einen<br />

Streik dieser Seidenzwirnerinnen.<br />

In Deutschland kam es zu Beginn der 1870er Jahre zu einem deutlichen Anstieg<br />

von Arbeitskämpfen. Die noch junge Arbeiterbewegung zählte allein im<br />

29<br />

Zetkin, Clara: Zur Geschichte der proletarischen Frauenbewegung Deutschlands (1928), Frankfurt<br />

am Main 1971, S. 129ff.<br />

30<br />

Losseff-Tillmanns, Frau und Gewerkschaft, S. 24.<br />

31<br />

Zetkin, Zur Geschichte der proletarischen Frauenbewegung Deutschlands, S. 105.<br />

32<br />

Ebd., S. 90.

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