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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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228 Das Potenzial der weiblichen Arbeiterklasse<br />

derte »Fraueninteressen« als um allgemeine Probleme eines größeren Teils der<br />

abhängig Beschäftigten, von denen insbesondere Frauen betroffen sind.<br />

Ein Vorreiterbeispiel für eine erfolgreiche Organisierung von Frauen unter<br />

schwierigen Bedingungen bleibt die Schlecker-Kampagne. Es war die bewusste<br />

strategische Entscheidung der Gewerkschaft HBV (die später mit in ver.di aufging)<br />

in den 1990er Jahren gezielt Initiativen aus der Schlecker-Belegschaft, Betriebsräte<br />

zu gründen, über einen längeren Zeitraum intensiv zu unterstützen.<br />

Mit den ersten erfolgreichen Betriebsratsgründungen wurde in diesem Unternehmen<br />

mit vielen Kleinstfilialen und vorrangig weiblichen Teilzeitkräften die Gewerkschaft<br />

aufgebaut. Gesammelte Erfahrungen wurden verallgemeinert, die neu<br />

gebildeten Betriebsräte besuchten regelmäßig Verkäuferinnen in Filialen ohne<br />

Betriebsrat, bauten ein Vertrauensverhältnis auf und ermutigten sie, eigene Betriebsräte<br />

zu gründen. Über einen Prozess von mehreren(!) Jahren, wurden so in<br />

vielen Bundesländern gegen den massiven Widerstand des Managements flächendeckend<br />

Betriebsräte und zusammen damit die Gewerkschaft aufgebaut, mit<br />

einem für den Einzelhandel ungewöhnlich hohen Organisationsgrad. 99 Auch<br />

wenn es das Unternehmen nicht mehr gibt: Die gewerkschaftlichen Erfahrungen,<br />

die tausende Verkäuferinnen hier sammelten, werden weiterleben.<br />

Schlüsselwörter für die gewerkschaftliche Zukunft sollten »moderne Solidarität«<br />

und »Partizipation« lauten. Gemeint ist damit anzuerkennen, dass bei grundlegend<br />

gleichen Interessen bei verschiedenen Beschäftigtengruppe die Probleme<br />

sich konkret unterschiedlich ausdrücken. Dies muss von den Gewerkschaften aktiv<br />

aufgenommen werden, was nur mit einer stärkeren Partizipation der Mitglieder<br />

gelingen kann. 100<br />

Wie das gehen kann, zeigt der Erzieherinnen-Streik von 2009 in Baden-Württemberg.<br />

Die große Stärke bzw. der Fortschritt war die aktive Einbeziehung der<br />

mehrheitlich weiblichen Beschäftigten in Streikvorbereitung, -planung und<br />

-durchführung. Ein zentrales Moment waren hier die Streikversammlungen. Auf<br />

diesen wurde nicht nur Kollektivität hergestellt. Damit verbunden war der Austausch<br />

über Erfolge und Probleme im Arbeitskampf. Erst das ermöglichte es,<br />

auf die besondere Situation einzelner Berufsgruppen einzugehen. In den Sozialberufen,<br />

in denen mehrheitlich Frauen arbeiten, gibt es durch die Arbeit mit<br />

Menschen eine Hürde bzw. ein besonderes Problem im Arbeitskampf. Die<br />

Streikversammlungen ermöglichten es der Gruppe der Erzieher, einen Weg zu<br />

finden, »den Stress für die Kolleginnen und Kollegen zu mindern, die, je länger<br />

der Streik dauerte, mit dem zunehmenden Unmut der Eltern konfrontiert<br />

99<br />

Vgl. Bormann; Sarah: Unternehmenshandeln gegen Betriebsratsgründungen – Der Fall Schlecker,<br />

in: WSI-Mitteilungen 1/2008.<br />

100<br />

Hans-Böckler-Stiftung, Zukunft der Gewerkschaften, S. 148f.

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