MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013
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Die Klassenkämpfe in Europa 283<br />
liert den Kampf der Arbeiter, aber sie hat ein vitales Interesse daran, ihre Zusammenarbeit<br />
mit den Arbeitgebern und dem Staat nicht so weit zu treiben, dass die Gewerkschaften<br />
gänzlich machtlos werden. […] Wenn die Gewerkschaft vollständig dabei<br />
versagt, den Anliegen ihrer Mitglieder Ausdruck zu verleihen, wird die Führung<br />
über kurz oder lang von innen unter Druck geraten oder die Mitgliedschaft wird apathisch<br />
und die Organisation zerfällt. […] Driftet die Gewerkschaftsbürokratie zu<br />
weit ins Lager der Bourgeoisie ab, verliert sie ihre Basis. 42<br />
All das heißt nicht, dass Revolutionäre gleichgültig gegenüber der Frage sind, wer<br />
an der Spitze der Gewerkschaften steht. Es kann erhebliche Differenzen zwischen<br />
dem rechten und dem linken Flügel der Funktionäre geben. Spannungen<br />
innerhalb der Bürokratie können den Einfluss der Konservativen schwächen,<br />
und die Wahl eines linken Gewerkschaftsfunktionärs kann unter Umständen das<br />
Selbstvertrauen der Arbeiter stärken. Aber letzten Endes und besonders in Zeiten<br />
tiefer Krisen wiegt das Gewicht der Gewerkschaftsbürokratien als konservative<br />
soziale Schicht schwerer als die Spaltung dieser Schicht in Linke und Rechte.<br />
43 Wie können diese konservativen Tendenzen überwunden werden? In Zeiten<br />
vermehrter Kämpfe können die Arbeiter eigenständige Basisbewegungen in den<br />
Gewerkschaften aufbauen. Solche Basisorganisationen können zwei Funktionen<br />
erfüllen: Sie können Druck auf die Gewerkschaftsbürokratie ausüben, auf diese<br />
Weise Aktivitäten anschieben und einen Ausverkauf zu verhindern suchen, und<br />
sie können notfalls den Arbeitern den Rahmen für »wilde« Streiks unabhängig<br />
von der Bürokratie bieten.<br />
Die griffigste Zusammenfassung dieser Funktion stammt von dem Arbeiterkomitee<br />
von Clyde, einer der inoffiziellen Organisationen, die sich während des<br />
Aufschwungs von Klassenkämpfen in Großbritannien ab 1910 herausbildeten:<br />
»Wir werden die Funktionäre unterstützen, so lange sie die Arbeiter wirklich vertreten,<br />
aber sofort eigenständig handeln, wenn sie aufhören, uns zu vertreten.<br />
Wir sind Delegierte aus jedem Betrieb und lassen uns von überkommenen Regeln<br />
und Gesetzen nicht hindern. Daher beanspruchen wir, die wahren Gefühle<br />
der Arbeiter zu repräsentieren. Wir können, wenn es die Lage erfordert und unsere<br />
Mitglieder dies verlangen, sofort handeln.« 44<br />
Eine solche Bewegung kann nur im Kampf aufgebaut werden. Würde die Bürokratie<br />
sich ausschließlich bemühen, Streiks zu verhindern, könnte der Aufbau<br />
von Basisorganisationen nur Schritt für Schritt und durch begrenzte Aktionen an<br />
der Führung vorbei erfolgen. Glücklicherweise steht die Bürokratie aber auch<br />
unter dem Druck, gewerkschaftliche Kämpfe zu führen. Dieser Druck kann von<br />
42<br />
Cliff und Gluckstein, 1986, S. 27–28.<br />
43<br />
Cliff und Gluckstein, 1986, S. 28.<br />
44<br />
Zitiert nach: Callinicos, 1995, S. 33.