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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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304 Portugal: Von der Mobilisierung zum Widerstand<br />

ne Entscheidung hatte zu dem Zeitpunkt ihre Berechtigung, sie zeigt aber mittlerweile<br />

deutliche Schwächen. Hier wollen wir die Geschichte des Widerstands in<br />

Portugal in den letzten Jahren, mit ihren Höhepunkten und Beschränkungen,<br />

nachzeichnen und analysieren, um im Geist der Solidarität einen Beitrag zur Strategiedebatte<br />

zu leisten.<br />

»Sie wollen uns prekarisieren, wir werden rebellieren« 1<br />

Im Jahr 2007 beschloss eine Gruppe Aktivistinnen und Aktivisten aus der Studentenbewegung,<br />

das Konzept des »EuroMayDay« in Portugal einzuführen. Die<br />

Gewerkschaften mit ihren bürokratisierten und geschlossenen Strukturen reagierten<br />

nur sehr träge auf die steigende Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse. Prekarität<br />

wurde als ein Generationenproblem abgetan, das ältere Arbeitnehmer angeblich<br />

nicht berührte, und manche schoben den Jugendlichen die Schuld zu,<br />

weil diese nicht willens oder interessiert seien, für ihre Rechte einzutreten. Solche<br />

Einstellungen waren auch in den Gewerkschaften weit verbreitet. Außerdem war<br />

der Begriff Prekarität für die meisten portugiesischen Arbeiter ein Fremdwort,<br />

denn ihnen fehlte eine kollektive Definition ihrer Arbeitsbedingungen. Die meisten<br />

hatten eine individualisierte Sicht, nach dem Motto: »Ich habe einen Zeitvertrag,<br />

ich bin nicht prekarisiert« oder »Ich wurde von einer Zeitarbeitsfirma vermittelt,<br />

das ist so in meinem Beruf, aber das ist kein allgemeines Problem.«<br />

In diesem politischen Kontext war die Entscheidung, den EuroMayDay als frische,<br />

junge und neue Protestform einzuführen, aus mehreren Gründen die richtige:<br />

• Wir verstanden die Notwendigkeit, Prekarität als etwas zu begreifen, das alle<br />

Lebensbereiche tangiert. Die Idee vom »prekären Leben« als gemeinsamem<br />

Ausgangspunkt eröffnete uns die Möglichkeit, Prekarität nicht bloß als einen<br />

auf die Arbeitswelt beschränkten Zustand zu begreifen, sondern zu sehen,<br />

wie diese in Beziehung steht zu Fragen der Unabhängigkeit, der Selbstbestimmung,<br />

der Lebensplanung und auch der Diskriminierung und des Rassismus.<br />

• Indem wir den Konflikt in einem breiteren Rahmen verorteten, und dank der<br />

Kreativität einer von jungen Menschen geführten Bewegung konnten wir<br />

dem öffentlichen Diskurs über Prekarität eine neue Richtung geben. Sie wurde<br />

nicht mehr als das Ergebnis einer individuellen Entscheidung aufgefasst,<br />

sondern als eins politischer und ökonomischer Prozesse. Daher existiert heute<br />

in Portugal ein kollektives Verständnis davon, was Prekariat ist und wie es<br />

alle ganz unabhängig vom Alter betrifft.<br />

1<br />

Eine der prominentsten Slogans der Bewegung gegen Präkarisierung

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