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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Das Potenzial der weiblichen Arbeiterklasse 229<br />

waren«. 101 Aus diesen Treffen und durch bewusste Initiativen von ver.di entwickelte<br />

man eine flexible Streikstrategie und schaffte es, eine überwältigende Solidarität<br />

der Eltern herzustellen. 102<br />

Im Kampf der Erzieherinnen spielt auch die Anerkennung und Aufwertung<br />

ihrer Arbeit eine wichtige Rolle. So war auf einem Transparent zu lesen: »Kinder<br />

sind uns viel wert! Wie viel sind wir euch wert?« 103 Dieses Element, die starke<br />

Identifikation mit der Arbeit, ist für viele Sozial- und Dienstleistungsberufe prägend.<br />

Die derzeitige ideelle und materielle Geringschätzung aufzugreifen, ist für<br />

die Gewerkschaften zentral, will sie die Interessen der dort mehrheitlich weiblich<br />

Beschäftigten tatsächlich artikulieren und sie für die gemeinsame Arbeit gewinnen.<br />

Die alte gewerkschaftliche Erkenntnis, bewusst kollektive Erfahrungen zu organisieren,<br />

erhält vor dem Hintergrund einer oftmals kleinbetrieblichen oder filialisierten<br />

Arbeitsstätte von Frauen eine besondere Bedeutung. So wurde im<br />

Einzelhandelsstreik 2008/09 in Baden-Württemberg »häufig die verblüffende Erfahrung<br />

gemacht, dass die Entwicklung solcher Aktionsformen unterhalb der<br />

Streikschwelle und ihr gezielter Einsatz in der Tarifauseinandersetzung insgesamt<br />

schwieriger und mühsamer erscheint, als die Mobilisierung für den entschlossenen<br />

Streik.« Belegschaften, die entschlossen mehrere Wochen lang streikten, hielten<br />

zuvor eine landesweit verabredete Button-Aktion gegen den Druck von Führungskräften<br />

und Geschäftsführern nur wenige Tage lang durch. Es wird festgestellt:<br />

»Offenkundig fallen den Einzelhandelsbeschäftigten Aktionsformen, die<br />

ein individuelles Bekennen oder gar Handeln erfordern, schwerer als die Beteiligung<br />

an kollektiven Aktionen, bei denen sie der persönlichen Beeinflussung<br />

durch Vorgesetzte entzogen sind.« 104<br />

Nicht selten ist die Entscheidung von Frauen, sich zu organisieren, intensiver<br />

und mit mehr Hürden verbunden, dafür aber umso bewusster. So zeigte etwa der<br />

Erzieherinnen-Streik, dass es bei der Gruppe der Alleinerziehenden ganz besondere<br />

konkrete Probleme gibt, etwa mögliche Finanzierungslücken zwischen dem<br />

Entgeltausfall durch die Arbeitsniederlegung und der Zahlung des Streikgeldes.<br />

Aber das ist eine dialektische Beziehung. Denn wird mit den Frauen diskutiert,<br />

ernsthaft auf die von ihnen geschilderten Hürden eingegangen und sie infolge<br />

101<br />

Schmalstieg, Catharina: Partizipative Arbeitskämpfe, neue Streikformen, höhere Streikfähigkeit?<br />

Eine Untersuchung der Gewerkschaftsarbeit des ver.di-Bezirks Stuttgart am Beispiel von Arbeitskämpfen<br />

im öffentlichen Dienst, Berlin <strong>2013</strong>, S. 23.<br />

102<br />

Kutlu, Yalcin: Partizipative Streikführung: Der ErzieherInnenstreik, in: Stefan Schmidt, Klaus<br />

Dörre (Hg.): Comeback der Gewerkschaften? Machtressourcen, innovative Praktiken, internationale<br />

Perspektiven, Frankfurt/M. <strong>2013</strong>.<br />

103<br />

ver.di Stuttgart: Streik im Sozial- und Erziehungsdienst 2009 (Präsentation).<br />

104<br />

ver.di Baden-Württemberg: Neue Streikbewegung im Handel – Dokumentation zur Tarifrunde<br />

2007/2008, Stuttgart 2009, S. 28.

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