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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Portugal: Von der Mobilisierung zum Widerstand 311<br />

hung der Sozialabgaben und die Streichung des Urlaubsgelds – hatte zurücknehmen<br />

müssen, kam er jetzt mit der größten Erhöhung der Einkommenssteuer in<br />

der ganzen Geschichte Portugals, nämlich um satte 35%. Damit ersetzte die Regierung<br />

bloß die eine Kürzungsmaßnahme durch eine andere in gleicher Höhe.<br />

Nach diesem brutalen Angriff rief die CGTP zu einem Generalstreik am 14.<br />

November auf, und ihr spanischer Gegenpart erklärte seinen Willen, sich daran<br />

zu beteiligen und daraus einen iberischen Generalstreik zu machen. Der Europäische<br />

Gewerkschaftsbund kam am 16. Oktober zusammen, um die Möglichkeit<br />

einer Ausweitung der Generalstreiks auf ganz Europa zu diskutieren. Daraus<br />

wurde der erste mehrstaatliche Generalstreik der europäischen Geschichte.<br />

Der Generalstreik vom 14. November zeitigte große Wirkung in Portugal,<br />

nicht nur wegen der sehr hohen Beteiligung, sondern auch weil der Kampf jetzt<br />

eine internationale Perspektive bekam und er einen ersten Schritt zur Entwicklung<br />

europaweiter Proteste gegen die Kürzungspolitik darstellte. Bemerkenswert<br />

an dieser Entwicklung ist die Tatsache, dass der Anstoß zum Streik aus den vorausgehenden,<br />

von Gruppierungen außerhalb der Gewerkschaft organisierten<br />

Mobilisierungen kam. Zugleich machte er die Schwäche dieser Bewegungen offensichtlich,<br />

denn obwohl eine Million Menschen auf die Straße gingen, hatten<br />

die Organisatoren der Bewegungen keinen Einfluss auf die gewerkschaftlichen<br />

Entscheidungen. Sie mussten vielmehr auf die Unterstützung für den Streik<br />

durch die Führung der CGTP warten, damit er möglich wurde.<br />

Die Schwächen des Widerstands<br />

Diese drei Momente der Massenmobilisierung in Portugal haben Ähnlichkeiten<br />

miteinander: Sie wurden von »wurzellosen« Bewegungen initiiert, sie zeigten ein<br />

enormes Mobilisierungspotenzial weit über die Reihen der bereits Aktiven hinaus,<br />

sie kamen als unmittelbare Reaktion auf ein konkretes politisches Vorhaben<br />

der Regierung zustande, und sie standen alle im medialen Rampenlicht. Die unglaublich<br />

hohe Zustimmungsrate zu der Kritik der Bewegung an der Kürzungspolitik<br />

belegt, welche ungeahnten Möglichkeiten die radikale Linke Portugals hat.<br />

Was ist also das Problem? Warum erleben wir zur Zeit keine weiteren Mobilisierungen?<br />

Warum gelingt es der Arbeiterklasse nicht, mit Branchen- oder Solidaritätsstreiks<br />

die Regierung unter Druck zu setzen? Warum haben die Auswirkungen<br />

der Kürzungspolitik keinen allgemeinen Widerstandswillen hervorgebracht?<br />

Das sind gegenwärtig die zentralen Fragen, die sich dem portugiesischen Widerstand<br />

stellen.<br />

Wie eingangs gesagt haben wir, als wir die Mobilisierungen gegen Prekarität im<br />

Jahr 2007 in Gang setzten, die richtige Entscheidung getroffen, die den Weg freimachte<br />

für die Schaffung einer kollektiven Identität und eines politischen Anzie-

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