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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Strategien gewerkschaftlicher Erneuerung 59<br />

ten, sie kontrollieren zu wollen und von ihnen bestimmte Informationen aus<br />

Ausschusssitzungen einforderten«.<br />

In den folgenden Jahren bildeten sich in mehreren großen Stahlbetrieben<br />

(Hoesch, Mannesmann, Thyssen, Klöckner) kämpferische Vertrauenskörper heraus,<br />

aus deren Reihen schließlich die Forderung nach der 35-Stundenwoche bei<br />

vollem Lohnausgleich in die Gewerkschaften hineingetragen und erstmals auf<br />

dem Gewerkschaftstag der IG Metall 1977 mehrheitlich als Forderung verabschiedet<br />

wurde – gegen die Empfehlung des Hauptvorstandes. Das war ein bis<br />

dahin und auch heute wieder undenkbarer Vorgang. Er signalisierte den partiellen<br />

Bruch der Gewerkschaften mit der Politik der Sozialpartnerschaft.<br />

Auf dem gleichen Gewerkschaftstag musste der Vorstand noch eine Abstimmungsniederlage<br />

einstecken. Der Antrag betraf die Rechte der Vertrauensleute in<br />

den Großkonzernen. In diesen sollten sich die gewerkschaftlichen Vertrauensleute<br />

mehrmals im Jahr zu überregionalen Tagungen mit den Betriebsräten treffen<br />

können, um ihre gegen die Arbeitgeber gerichteten Aktionen besser zu koordinieren.<br />

42<br />

Während des sechswöchigen Stahlstreiks von 1978/79 um die Einführung der<br />

35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich schlossen sich einflussreiche Vertrauensleute<br />

von Hoesch, Mannesmann und Thyssen zur einer »Arbeitsgemeinschaft<br />

Ruhr« zusammen, die auch die Zeitung »Revier« herausgab. »Revier – Zeitung<br />

für das Ruhrgebiet« war 1978 von einer Gruppe von Sozialisten herausgegeben<br />

worden und diente dem Kern der linken Vertrauensleute als eine politische<br />

Plattform. Die antikapitalistische Politisierung einer Minderheit von Vertrauensleuten<br />

war wiederum eine wichtige Voraussetzung für ihr entschlossenes und koordiniertes<br />

Eintreten für weitergehende Forderungen und Streiktaktiken.<br />

Der organisatorische und intellektuelle Kopf der sich radikalisierenden Vertrauensleutebewegung<br />

war Herbert Knapp, ein Marxist in der politischen Tradition<br />

von Karl Korsch und seit 1964 Betriebsratsvorsitzender des Stahlwerks Mannesmann-Huckingen<br />

(Duisburg). Knapp organisierte über ein Jahrzehnt interne<br />

politische Schulungen für Vertrauensleute in seinem Betrieb und arbeitete eng<br />

mit der Revier-Gruppe zusammen. 1980 trat er von allen Ämtern zurück und<br />

verließ die IG Metall, nachdem der Hauptvorstand über Monate eine Kampagne<br />

und schließlich ein Ausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet hatte. Sein Rücktritt<br />

führte wiederum zur Demoralisierung seiner Anhänger. Knapps politischer<br />

Einfluss ist ein Beispiel für die Bedeutung des »subjektiven Faktors« – einzelne<br />

Persönlichkeiten und noch mehr Netzwerke von Sozialisten können unter be-<br />

42<br />

Der Spiegel, Nr. 41/1977. Im Vorspann des Artikels über den Gewerkschaftstag der IG Metall<br />

hie es: »Gewerkschaftschef Loderer hat Ärger mit der Basis. Seit dem Düsseldorfer IG-Metall-<br />

Kongress dringen Vertreter der harten Linie nach vorn«

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