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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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Nützt Rassismus den »weißen« Arbeitern? 333<br />

Benjamin weist darauf hin, dass es »vorkapitalistische Rassismen« gegeben<br />

habe und verweist auf das Jahr 1492, das Jahr der »Entdeckung« Amerikas und<br />

das Jahr der endgültigen Vertreibung des Islam von der iberischen Halbinsel<br />

durch die »christliche Reconquista«. Die Versklavung und teilweise Ausrottung<br />

der Indianer durch die spanischen Eroberer sei Ausdruck einer rassistischen<br />

Ideologie. Als Beleg führt Benjamin die »Disputation von Valladolid« von 1550<br />

an. Im Streit zwischen den zwei Gelehrten Las Casas und de Sepulveda habe<br />

letzterer die Indianer als »barbarische, unzivilisierte und unmenschliche Wesen«<br />

bezeichnet und so deren gewaltsame, kriegerische Unterwerfung, teilweise Ausrottung<br />

und Versklavung gerechtfertigt.<br />

In seiner schriftlichen Eingabe zum Disput zitierte Sepulveda das alte Testament:<br />

»Diejenigen, die dumm sind, sollen den weisen Männern dienen«, und bezieht<br />

dies auf die »barbarischen und unmenschlichen« Bewohner Amerikas. Dabei<br />

verlässt Sepulveda jedoch nicht das in der damaligen christlichen Welt vorherrschende<br />

Bild von »Zivilisierten« (christliche Europäer) und »Wilden« oder<br />

»Barbaren«. Die Wilden waren in diesem Bildnis nicht als die völlig Anderen der<br />

zivilisierten Menschen angelegt, sondern wie diese einmal waren, also das Produkt<br />

eines niedrigen Standes der Produktivkräfte. Selbst Sepulveda, der Vertreter<br />

der spanischen Abenteurer und Eroberer in Amerika, sah sich in seiner Argumentation<br />

gezwungen, diesem vorherrschenden Bild Zugeständnisse zu machen:<br />

»Dank der Tugenden und praktischen Weisheit ihrer Gesetze« seien die spanischen<br />

Eroberer dazu berufen, »die Barbarei zu zerstören und diese (Minderwertigen)<br />

zu einem menschlicheren und tugendhafterer Leben zu erziehen«. Sepulveda<br />

geht noch einen Schritt weiter, wenn er auf das hoch entwickelte Königreich<br />

der Azteken zu sprechen kommt, das ihm wohl als Gegenargument von Las Casas<br />

vorgehalten wurde. Dass es Städte, Häuser, Handel und einen gewählten König<br />

gebe, zeige nur, dass »sie weder Bären noch Affen seien und dass sie nicht<br />

völlig unvernünftig« seien. Was könne den Barbaren aber besseres geschehen, als<br />

von »barbarischen zu zivilisierten Menschen, […] von ungläubigen Dienern des<br />

Teufels zu Gläubigen des wahrhaftigen Gottes« konvertiert zu werden (aus »Secunda<br />

Democrates«, 1547). Der Disput zwischen Las Casas und de Sepulveda<br />

betraf nicht die Frage, ob die Indianer zur christianisieren wären, sondern mit<br />

welchen Methoden dies zu geschehen habe (Krieg und gewaltsame Unterwerfung<br />

oder Selbstregierung). Sarrazin und die heutigen Rassisten behaupten dagegen,<br />

dass die »Anderen« (Muslime) nicht integrierbar seien, ganz gleich wie viel<br />

Geld man in ihre Bildung und Ausbildung stecke.<br />

Benjamin fragt, warum ich ausgerechnet auf Aristoteles als Zeuge meiner Argumente<br />

zurückgreife, der doch die Versklavung von Barbaren durch die griechischen<br />

Stadtstaaten als Folge deren natürlichen Bestimmung vertrat. Zunächst<br />

einfach deshalb, weil Aristoteles der einzige große Denker des Altertums war, der

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