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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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48 Strategien gewerkschaftlicher Erneuerung<br />

(i) tägliche Streikversammlungen<br />

Mit den täglichen Streikversammlungen schafft ver.di Stuttgart einen Raum, in<br />

dem Selbstbewusstsein entstehen kann: »Die Streikversammlung stärkt den<br />

Rücken, das ist einfach mal gut, wenn da drei-, vierhundert Leute im Saal sind.<br />

[…] Das ist einfach ein Gemeinschaftserlebnis.« 23 Gleichzeitig ist es ein Rahmen,<br />

wo unterschiedliche Streikende zusammenkommen können und Gegensätze in<br />

einem gemeinsamen Solidaritätserlebnis und einer gemeinsamen Debatte bearbeitet<br />

werden können. Dies bedeutet durchaus eine bewusste Abgrenzung zu der<br />

Situation früher, wo alle nur auf die starken Bataillone wie die Müllwerker geguckt<br />

haben. Gerade für fragmentierte Belegschaften ohne gemeinsame Großbetriebe,<br />

wie bei den Kitas oder im Einzelhandel spielen die Streikversammlungen<br />

eine wichtige soziale und organisatorische Funktion.<br />

Vor allem ermöglichen die Streikversammlungen aber, wichtige Krisen zu<br />

überwinden. Der neunwöchige Streik gegen die Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen<br />

Dienst im Jahr 2009 konnte laut Aussagen von Ehrenamtlichen und<br />

Hauptamtlichen nur durch diese Versammlungen erfolgreich geführt werden.<br />

Hier konnten Ängste offen angesprochen werden und in dieser Versammlung<br />

konnten auch schnelle Reaktionen auf Angriffe der Arbeitgeber organisiert werden.<br />

24<br />

(ii) aktivistische Vorbereitungskomitees für Tarifbewegungen, um den<br />

Informationsvorsprung der Hauptamtlichen abzubauen und die Ehrenamtlichen für<br />

Beweglichkeit und Strategiediskussionen einzubeziehen<br />

Neben der täglichen Streikversammlung beschreibt Schmalstieg die Streikleitungsversammlungen<br />

als entscheidendes Element »echter« Partizipation. Hier<br />

werden Ehrenamtliche und Hauptamtliche in einem Gremium von 30 Beteiligten<br />

zusammengefasst. Diese Leitung konstituiert sich schon lange vor dem Konflikt<br />

und diskutiert eigene Strategien und Handlungsideen. Auf diese Weise werden<br />

Informationsvorsprünge der Hauptamtlichen abgebaut und die ehrenamtlichen<br />

Funktionäre aus den Betrieben können rechtzeitig die strategischen Planungen<br />

nachvollziehen, mitdiskutieren und mitbestimmen. Traditionell werden in vielen<br />

anderen Bereichen Streikleitungen erst kurz vor dem ersten Warnstreik formiert,<br />

so dass es nie eine echtes Entscheidungsgremium, sondern eher ein Weitergabe-<br />

Gremium der aus Hauptamtlichen bestehenden Streikleitung wird. Das Gremi-<br />

23<br />

Schmalstieg: Partizipative Arbeitskämpfe, S. 22<br />

24<br />

Wie etwa die innerhalb von einem Tag organisierte Blockade des Heizkraftwerkes, um zu verhindern,<br />

dass Streikbrecher-Müllautos den Müll zu Müllverbrennung bringen konnten. Diese zweiwöchige<br />

Blockade gilt als Schlüssel, um die Stadt Stuttgart in die Knie gezwungen zu haben. Diese<br />

war aber nur möglich, weil auf der Streikversammlung die Tradition bestand Probleme offen<br />

zu diskutieren und dann schnell handlungsfähig zu sein.

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