05.11.2013 Aufrufe

MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Der aufhaltsame Abstieg 17<br />

entscheidende war die Erfahrung von 20 Jahren Vollbeschäftigung und Marktmacht.<br />

Als kampfstarke Teile der Klasse (Stahlarbeiter, Drucker) in der zweiten<br />

Hälfte der 1970er Jahre sich dann plötzlich von Massenentlassungen und sozialem<br />

Abstieg bedroht sahen, forderten sie von ihren Gewerkschaften Schutzmaßnahmen<br />

ein. So kam es 1978/79 sowohl in der Stahlindustrie als auch in der<br />

Druckindustrie zu Streiks für die Forderung nach Einführung der 35-Stunden-Wwoche<br />

bei vollem Lohnausgleich. Beide Streiks erreichten ihr Ziel nicht;<br />

stattdessen wurden in beiden Branchen mehr Urlaub und einige Freischichten<br />

pro Jahr erkämpft, die 40-Stunden-Woche aber bis 1984 festgeschrieben.<br />

1982/83 kam es zu einer Welle von Betriebsbesetzungen in der Metall- und in<br />

der Werftindustrie gegen Betriebsschließungen. Bei den Konflikten handelte es<br />

sich um Abwehrkämpfe gegen Massenentlassungen, Betriebsschließungen und<br />

Entqualifizierung, wovon in zunehmendem Maße auch die zentralen Facharbeitergruppen<br />

bedroht waren, die in der Vergangenheit die Strukturen der Gewerkschaften<br />

auf der unteren Ebene (Vertrauensleutekörper, Kreisverwaltungen) und<br />

die Betriebsräte dominiert hatten.<br />

Allerdings mussten sich diese Teile der Gewerkschaftsbewegung zunächst intern<br />

gegen erhebliche Widerstände durchsetzen: So wurde der Kampf um die allgemeine<br />

Verkürzung der Arbeitszeit auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall<br />

1977 gegen den Widerstand des Hauptvorstandes beschlossen, der die Meinung<br />

vertrat, die Forderung sei unter den schwierigen Marktbedingungen nicht durchsetzbar.<br />

24 Mit dem sechswöchigen Stahlstreik war eine wesentliche Chance vertan<br />

worden, gestützt auf besonders gut organisierte, kampffreudigen und kampferprobten<br />

Belegschaften ein Exempel zu setzen. 1978 hagelte es Kritik aus den<br />

Vertrauenskörpern an der zentralen Streikführung durch die IG Metall; sie erhielt<br />

bei der Urabstimmung nach Streikende nicht mal eine Mehrheit. Auch der<br />

Druckerstreik scheiterte, auch hier wurden einige Urlaubstage und Freischichten<br />

anstelle einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit erkämpft. Das große gesellschaftliche<br />

Projekt einer Offensive gegen Massenarbeitslosigkeit war damit gescheitert.<br />

Über die Gründe des Abbruchs des Streiks durch den Vorstand der IG Metall<br />

ist viel spekuliert und gerätselt worden. Es ist jedoch eine Tatsache, dass er von<br />

Beginn an nicht hinter der Forderung stand. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum<br />

einen waren schon damals »Standortargumente« wichtig; der Anteil der deutschen<br />

Stahlproduktion an der Weltproduktion für Stahl war von 1970 bis 1978<br />

von 7,5 auf 5,8 Prozent zurückgegangen. Zum anderen gab es durchaus ernst zu<br />

nehmende Überlegungen, dass der Hauptvorstand den in den vorangegangenen<br />

Jahren immer selbstbewusster agierenden Vertrauenskörpern, vor allem von<br />

24<br />

»IG-Metall-Chef stellt 35-Stundenwoche in Frage«, dpa 08.112007

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!