MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013
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Strategien gewerkschaftlicher Erneuerung 69<br />
wurde von 34 MdBs der SPD und zahlreichen linken Bevollmächtigten der IG<br />
Metall und Betriebsräten unterschrieben.<br />
Allerdings standen die Jusos vor dem Problem, dass sie sich nie systematisch<br />
aufgestellt hatten, um eine betriebs- und gewerkschaftsinterventionistische Politik<br />
anzugehen. Sie waren auf Unterstützung von bestehenden sozialen Bewegungen<br />
und auf innerparteilichen Kampf ausgerichtet und hatten keine Idee, wie sie<br />
eine interventionistische Betriebspolitik, die spontane Dynamiken aufnehmen<br />
aber auch Konflikte mit der Gewerkschaftsführung ausfechten konnte, durchführen<br />
sollten. Eine Studie von Rainer Deppe über Opel Bochum zeigt, wie<br />
schwer es den lokalen Jusos gefallen ist, Wurzeln in dem Betrieb zu schlagen, obwohl<br />
sie eine systematische Interventionspolitik von außen organisierten (Flugblattverteilungen<br />
für die spontane Streikbewegung, Unterstützung der gewerkschaftsoppositionellen<br />
Liste). Sie konnten zwar eine alternative Liste unterstützen,<br />
hatten aber selbst keinen organisatorischen Arm in der Belegschaft. Obwohl<br />
es eine spontane Streikbewegung im Laufe des Jahres 1973 gegeben hatte und<br />
teilweise auch linke und radikal-linke Gruppen diese beeinflussten und mittrugen,<br />
waren die Jusos als einer der größten organisierten Akteure eher auf eine<br />
Solidarisierungsfunktion reduziert. Letztlich blieben sie – trotz enormer Organisationskapazitäten<br />
und vielen Tausend Aktiven – machtlos, weil sie den sozialdemokratischen<br />
und gewerkschaftlichen Machtapparaten in den Betrieben kein organisiertes<br />
Netzwerk entgegenstellten, weil sie die Trennung von politischem und<br />
ökonomischem Kampf letztlich in ihrer großen Mehrheit akzeptierten. Deshalb<br />
konnten sie keinen Beitrag zu einer Verstetigung und Organisierung der spontanen<br />
Streikwelle zu einer politischen Herausforderung des Gesamtkurses der Partei<br />
leisten. Schließlich blieb ihr Widerstand auf zeitweilige verbale Opposition<br />
ohne praktische Alternative beschränkt.<br />
Für die Linke in der LINKEN bietet diese historische Episode einige interessante<br />
Lehren. Auch die Linke in der LINKEN heute hat eigentlich kein strategisches<br />
Konzept, wie die programmatischen Forderungen der LINKEN in die<br />
Realität umgesetzt werden können. Hierbei geht es nicht um die praktische Realisierbarkeit<br />
oder ihre »Seriosität«, sondern darum, wie die Kräfteverhältnisse in<br />
der Gesellschaft so verändert werden können, dass die Forderungen Aussicht<br />
auf Durchsetzung haben. Während die Linke in der LINKEN sich darauf beschränkt<br />
zu betonen, was »auf keinen Fall« passieren darf (rote Haltelinien), gibt<br />
es keine strategische Diskussion, wie es denn zu einer Veränderung der gesellschaftlichen<br />
Kräfteverhältnisse kommen könnte, welchen Beitrag die LINKE dabei<br />
spielen könnte, wie die Gewerkschaften in Deutschland wieder zu Klassenorganisationen<br />
der Verteidigung gegen die Übergriffe des Kapitals werden können<br />
und welche Möglichkeiten die LINKE durch die Bündelung ihrer betrieblich-gewerkschaftlichen<br />
Kräfte hätte, betriebliche Widerstandkerne zu stärken und den