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MARXISMUS & GEWERKSCHAFTEN - MARX IS MUSS 2013

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170 Streiks in Deutschland – ein neuer Aufschwung?<br />

Ein anderes Beispiel ist Amazon. Da gab es schon vorher einen Konflikt wegen<br />

der Betriebsratsbildung, in dem das Unternehmen recht schnell nachgegeben<br />

hat, weil es um seinen Ruf besorgt war. Amazon betreibt ein sensibles Geschäft.<br />

Es fürchtet, dass die Kunden nicht bei einem »Schmuddelunternehmen« kaufen<br />

wollen. Amazon ist druckempfindlich gerade weil es so populär ist. JournalistInnen<br />

nehmen es mehr wahr. Die Neuigkeiten verbreiten sich sehr schnell bei den<br />

netzaffinen Kunden usw. Die Frage ist jetzt, ob ver.di bei Amazon wirklich auch<br />

befristete Kräfte und Mini-JobberInnen in einen Arbeitskampf einbinden kann.<br />

Bei den Reinigungskräften ist das zwar gelungen, aber es ist nicht einfach. Ich<br />

vermute mal, dass auch hier die Mobilisierung der Öffentlichkeit ein wichtiger<br />

Punkt für Wirksamkeit des Arbeitskampfes sein wird.<br />

Es gibt aber auch prekär Beschäftigte in wichtigen Aufgabenbereichen, die<br />

daher auch eine gewisse »Produktionsmacht« besitzen, z. B. die Flughafenbeschäftigten.<br />

Wie schätzt Du das ein?<br />

Ich wäre mit dem Begriff »prekär« Beschäftigte etwas zurückhaltend. Im<br />

Wach- und Sicherheitsgewerbe werden die Beschäftigten zwar sehr niedrig bezahlt,<br />

es sind aber nicht alle prekär im Sinne von Befristung oder geringfügiger<br />

Beschäftigung. Viele haben erstmal formal ein normales Vollzeitarbeitsverhältnis.<br />

Manche wiederum – und dies war nebenbei auch ein Konfliktpunkt bei den Sicherheitsleuten<br />

an den nordrhein-westfälischen Flughäfen – haben so genannte<br />

Teilzeitarbeitsverträge, die allein dazu dienen, die von den Firmen jedenfalls zu<br />

bezahlende Arbeitszeit zu minimieren. Also: es stehen 120 Stunden im Arbeitsvertrag,<br />

in Spitzenzeiten in der Urlaubssaison wird aber wesentlich länger gearbeitet;<br />

ist aber wenig los, muss die Firma nur für 120 Stunden garantieren, obwohl<br />

übers Jahr gesehen von Teilzeit keine Rede sein kann und auch keine Zeit<br />

für einen Zweitjob bleibt.<br />

Die hohe Durchsetzungsfähigkeit der Sicherheitsleute an den Flughäfen basiert<br />

zum einen auf ihrer Stellung im Abfertigungsprozess, zum anderen aber auch<br />

darauf, dass für diese Tätigkeit gewisse Prüfungen und Sicherheitsüberprüfungen<br />

notwendig sind, so dass sie nicht einfach mal eben so durch LeiharbeiterInnen<br />

ersetzt werden konnten. Allerdings ist auch hier der Arbeitskampf stets ein Spagat.<br />

Der Druck lastet ja nicht direkt auf der Wachfirma, sondern getroffen werden<br />

vor allem die Flughafenbetreiber. Das Ziel ist, dass diese die Wachfirmen,<br />

die auf die Aufträge angewiesen sind, dann zum Einlenken bewegen.<br />

Selbst Beschäftigte, die scheinbar leicht zu ersetzen sind, können so, wenn sie<br />

in Schlüsselbereichen arbeiten, Stärke entfalten, wie das 2006 die GepäckabfertigerInnen<br />

am Flughafen Heathrow demonstriert haben.<br />

Es mehren sich allerdings die Anzeichen, dass es auf diesem Feld in nächster<br />

Zeit vermehrt Versuche geben wird, dass Streikrecht einzuschränken, indem An-

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