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und auch finanziellen Unterstü tzung bereit und nutzte darü ber hinaus das von ihm gepflegte,<br />

weit gespannte Kontaktnetz in den USA und in Europa zur Einflußnahme. So<br />

konnte der Bauhaus-Grü nder hemmungslos seine Autorität einsetzen, um – seiner<br />

Ansicht nach – unangemessene Fragestellungen oder falsche Forschungsansätze zu<br />

verhindern, und schränkte damit die Arbeit des Archiv-Direktors ein.<br />

Da Wingler vor allem zu Anfang massiv vom Wohlwollen Gropius‘abhängig war,<br />

mußte er sich in die Gegebenheiten fü gen. Schließlich eröffnete ihm die enge Zusammenarbeit<br />

mit Gropius eine authentische Sichtweise auf die Geschichte des Bauhauses,<br />

die es zunächst zu bewahren galt. Die damit verbundene Gefahr, aufgrund der<br />

Involviertheit von Gropius einer retrospektiv verzerrten Einschätzung von Geschehnissen<br />

oder Persönlichkeiten zu unterliegen, nahm er in Kauf, um Gropius‘Protektion<br />

nicht zu verlieren. Um die Popularität von Gropius in Deutschland fü r das Archiv nutzen<br />

zu können, bemü hte sich Wingler, das vom Bauhaus-Grü nder gezeichnete Bild mit<br />

seinem eigenen in Einklang zu bringen.<br />

Dementsprechend folgte er auch dem von Gropius eingeschlagenen Weg, das historische<br />

Bauhaus zwar als eine dezidiert unpolitische Institution, den wesentlichen Kern<br />

der Bauhaus-Idee demgegenü ber jedoch als demokratisch darzustellen. Damit wurde<br />

ihrer politischen Vereinnahmung und Instrumentalisierung im Ost-West-Konflikt nicht<br />

nur nichts entgegengesetzt, sondern sie wurde auch legitimiert. Als besonders dunkles<br />

Kapitel ist in diesem Zusammenhang die Behandlung der Person Hannes Meyers zu<br />

betrachten. Dem allgemeinen politischen Klima entsprechend hatte Meyer als Paradebeispiel<br />

fü r eine durchaus hoffnungsvolle Gestaltergeneration zu dienen, die sich allerdings<br />

durch eine politische Naivität fehlgeleitet den falschen Idealen hingegeben habe.<br />

Diese Darstellungsweise wurde vor allem Ende der sechziger Jahre aufgefrischt, als<br />

man sich mit einer Nachkriegsgeneration auf der Suche nach eigenen Wertvorstellungen<br />

konfrontiert sah, die immer vehementer gegenü ber der umgebenden Gesellschaft<br />

durchgesetzt werden wollten.<br />

Wingler hatte durchaus das Bedü rfnis gehabt, sich unabhängig der Darstellungsweise<br />

von Gropius eine wissenschaftlich fundierte Meinung zum Bauhaus nach 1928 zu bilden.<br />

Doch Gropius beharrte auf seinem Standpunkt, und Wingler wollte sich augenscheinlich<br />

diesbezü glich nicht auf eine Konfrontation einlassen.<br />

Wenn sich Wingler zum Zeitpunkt der Archiv-Grü ndung noch den weitgefaßten Anspruch<br />

gesetzt hatte, nicht nur das Bauhaus, sondern auch parallele, vorbereitende<br />

und nachfolgende Strömungen zu untersuchen, so zeigte sich daran meines Erachtens<br />

eine latente Unsicherheit gegenü ber einer langfristigen Bedeutsamkeit des historischen<br />

Bauhauses und damit einhergehend der Legitimation des Archivs. Erst nach dem großen,<br />

auch internationalen Erfolg der Jubiläumsausstellung 1968 zerstreuten sich diese

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