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stellung unabhängig von historischen, sozialen oder externen kü nstlerischen Einflü s-<br />

sen gearbeitet habe. Als Beweis fü r den Erfolg des Schulkonzepts wurde „der Bauhäusler“<br />

kreiert, dem die Schule nicht nur zu einer außergewöhnlichen Schaffenskraft,<br />

sondern auch zu einer integeren Persönlichkeit verholfen habe. Erst dieser neue Typ<br />

von Gestalter sei in der Lage gewesen, Objekte zu schaffen, die einen ausdrü cklich<br />

demokratisch geprägten Lebens- und Arbeitsstil verkörperten. Diese Ü berhöhung der<br />

Schule wurde noch gesteigert, indem ihre Unwiederholbarkeit als wesentliches Qualitätsmerkmal<br />

angesehen wurde, schließlich sei es unmöglich, ein derart glü ckliches<br />

Zusammentreffen von Personen und Ereignissen zu planen oder zu forcieren.<br />

Zu der Popularisierung dieses vereinfachten Bauhaus-Bildes trug auch die Arbeit des<br />

Bauhaus-Archivs bei, dessen Direktor Wingler beim Aufbau der Bestände stark vom<br />

Wohlwollen ehemaliger Bauhäusler und vor allem von Gropius abhängig war. Dementsprechend<br />

schwierig war es fü r ihn, sich mit seiner zwangsläufig distanzierteren Sichtweise<br />

gegen die nostalgisch gestimmten Bauhaus-Schü ler und -Meister durchzusetzen,<br />

die vor allem an einer positiven, nach ihrem Verständnis angemessenen Darstellung<br />

ihres eigenen Beitrags interessiert waren.<br />

Das so entstandene verklärte Bild des Bauhauses galt fortan als Inbegriff fü r alle erdenklichen<br />

Qualitäten inklusive einer politisch korrekten Gesinnung. Dementsprechend<br />

bereitwillig wurde das historische Institut als deutsches Kulturgut angenommen, da es<br />

zur Stärkung der kulturellen Identität beitragen konnte. Immerhin habe sich im Bauhaus<br />

eine andere, eine kultivierte Seite der Deutschen manifestiert, welche die Barbarei des<br />

Nationalsozialismus aufwiegen sollte.<br />

Das wieder erstarkte Selbstbewußtsein wurde vor allem mit Hilfe von Ausstellungen<br />

demonstriert, von denen die Jubiläumsschau von 1968 die umfangreichste und spektakulärste<br />

war. Gleichzeitig markierte sie den Höhepunkt und das Ende dieser Rezeptionsphase,<br />

die in der totalen Mystifikation des Bauhauses als Gesamtheit gipfelte.<br />

Da jedoch ein Mysterium im Moment seiner Verifizierung zwangsläufig seine Faszination<br />

einbü ßt, gab es kein ernsthaftes Interesse an einer Ü berprü fung der Bauhaus-Idee<br />

im realen Modellversuch. Dies bekam auch die Ulmer Hochschule fü r Gestaltung zu<br />

spü ren, deren Image als „Bettelmönchskloster“ ohnehin dem glanzvollen Bild des Bauhauses<br />

als aufregenden kreativen Pool schlechthin widersprach. Als die Ulmer Studenten<br />

draußen auf dem Schloßplatz fü r das Weiterbestehen ihrer Hochschule demonstrierten,<br />

verdeutlichte im Stuttgarter Kunstverein die Veranstaltung 50 jahre bauhaus,<br />

daßes keiner praktischen Nachfolge bedurfte, um die ewige Gü ltigkeit der Bauhaus-Idee<br />

zu belegen.<br />

Auch wenn die Anwesenheit von Gropius zur Einweihung der HfG 1955 der Schule<br />

einen Sympathiebonus verschafft hatte, hielt dieser nicht lange vor, so daßsich die

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