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Politische Ereignisse, wie z.B. die ständig wechselnden Mehrheitsverhältnisse in den<br />

Parlamenten der Weimarer Republik, flossen nur insoweit in das Buch ein, als sie zur<br />

Erläuterung der institutionellen Entwicklungen oder zur <strong>Dokument</strong>ation der ständigen<br />

Angriffe gegen das Institut notwendig waren. Darü ber hinausgehende politische<br />

Aspekte der äußeren Einflü sse auf die Entwicklung des Bauhauses, wie des Arbeitsrates<br />

für Kunst, wurden von Wingler bagatellisiert, um das Bild eines unpolitischen Instituts<br />

begrü nden zu können. Auch unterblieben Hinweise auf die allgemeine Stimmungslage<br />

in den zwanziger Jahren, wie beispielsweise die zunehmende Radikalisierung<br />

der Gesellschaft. Damit wurde das Bauhaus als von allen politischen und sozialen<br />

Entwicklungen isoliert dargestellt. Die Geschehnisse am Bauhaus selbst sowie die Aktivitäten<br />

der Studierenden waren demnach nicht Zeugnis allgemeiner politischer und<br />

gesellschaftlicher Zustände, sondern schienen allein im Institut selbst begrü ndet gewesen<br />

zu sein.<br />

Die Beschreibung der beiden Direktoren Meyer und Mies van der Rohe fußte auf der<br />

Ü berzeugung, daßbeide die von Gropius angelegte Richtung verließen und das Institut<br />

nicht mehr der ursprü nglichen Konzeption gemäßleiteten. Auch wenn die bloße Berü<br />

cksichtigung der Figur Meyers bereits viele Kritiker zu Begeisterung verfü hrte, so<br />

konnte diese nicht darü ber hinwegtäuschen, daßdie Leser durch die einseitige Darstellung<br />

kaum eine andere Möglichkeit hatten, als sich ein negatives Urteil ü ber den<br />

Nachfolger von Gropius zu bilden.<br />

Mit dieser Art der Bauhaus-Darstellung kam Wingler wohl den Wü nschen von Gropius<br />

entgegen, der in der Monografie seine persönliche Betrachtungsweise repräsentiert<br />

sehen wollte. Es gab demnach zweierlei Institute, die voneinander zu trennen waren:<br />

einerseits das „wahre Bauhaus“ unter seinem Grü nder Gropius und andererseits das<br />

Institut nach seinem Weggang, das sich allenfalls Spuren des ursprü nglichen Charakters<br />

bewahren konnte. So wurden die Aussagen ü ber die tatsächlichen Ziele und Inhalte<br />

des Bauhauses maßgeblich von Gropius beeinflußt.<br />

Doch ü ber die enge Zusammenarbeit mit Gropius hinaus hatte sich Wingler eine eigenständige<br />

Meinung gebildet, die sich besonders in den Abbildungen widerspiegelte.<br />

Fü r ihn gehörte das Bauhaus der Vergangenheit an, und die Erzeugnisse des Bauhauses<br />

waren demnach Relikte dieser Vergangenheit, die die Radikalität der Schule demonstrierten<br />

und die es als Schaustü cke mit musealem Charakter zu bewahren galt.<br />

Auf diese Weise wurden die Werkstatterzeugnisse zu Museumsobjekten mit Kunstcharakter,<br />

vergleichbar mit Gemälden von Klee und Kandinsky oder Plastiken von Marcks.<br />

Die Ergebnisse mußten demnach nicht mehr einer neuerlichen Prü fung unterzogen<br />

werden, weil sich ihre Bedeutung und Gü ltigkeit bereits aus der historischen Dimension<br />

ergab.

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