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tuts verwob. 434 Indem er interne Querelen und angeblich mangelnde Erfolge hervorhob,<br />

wurde die Existenzberechtigung der HfG in Abrede gestellt. In diesem Zusammenhang<br />

bediente sich der Autor des negativen Bauhaus-Vergleichs, indem er konstatierte, die<br />

Ulmer Hochschule habe zu keiner Zeit ihren anfangs gesetzten Anspruch der Bauhaus-Nachfolge<br />

erfü llen können. Da die Redaktion offenbar kein konkretes Wissen<br />

ü ber das Bauhaus voraussetzte, lieferte sie in einer Fußnote eine auf Gropius und die<br />

Bauhaus-Maler reduzierte Darstellung einer stilprägenden Kunstschule der Weimarer<br />

Republik. Folglich wurde das Bauhaus zum „alten Gropius-Unternehmen“ verkü rzt,<br />

dem die HfG niemals ebenbü rtig sein könne. 435 Dies läge auch darin begrü ndet, daß<br />

weder Aicher noch Maldonado das Format fü r einen „neuen Gropius“ hätten. 436 Mit<br />

Hilfe dieser oberflächlichen und ungerechten Gegenü berstellungen sollten nicht nur die<br />

bis dahin zusammengetragene Kritik an der Ulmer Hochschule unterfü ttert, sondern<br />

explizit auch die dort Lehrenden angegriffen werden, die niemals in die Fußstapfen des<br />

Vorgängers treten könnten.<br />

Obwohl der Artikel eine große Resonanz fand, wurden nur wenige verteidigende<br />

Leserzuschriften abgedruckt. Hauptsächlich wurde zustimmenden Lesern aus Ulm das<br />

Wort erteilt, die um das „Ansehen der Stadt“ fü rchteten. 437 Unter den vereinzelten „Gegendarstellungen“<br />

befand sich eine von der renommierten Schriftstellerin Ilse Aichinger,<br />

die jedoch in einer redaktionellen Fußnote sofort als ehemalige Assistentin von<br />

Aicher-Scholl „enttarnt“ wurde. Aichinger zeigte sich empört ü ber die Darstellungsweise<br />

und deutete eine mutmaßlich faschistische Einstellung des Verfassers an.<br />

„Wer nur eine Spur mit der Sprache umgeht, kann sehr wohl an der Form eines<br />

Berichts seinen Inhalt messen. Formulierungen wie ‚Ehemann der ...’ oder<br />

‚Ex-Bill-Adepten’ erinnern mich peinlich an ein Deutsch, das ich vor mehr als<br />

achtzehn Jahren las.“ 438<br />

Ohne argumentativ auf die HfG einzugehen, fü hrte Aichinger die antifaschistische<br />

Grü ndungsidee der HfG an, die einen gewissen Schutz garantieren sollte.<br />

Hier zeigte sich ein wichtiges Muster der Kulturkritik in den sechziger Jahren: Wer in<br />

allzu negativer Weise die Ulmer Hochschule kritisierte, kam in den Verdacht, implizit<br />

ihre antifaschistischen Wurzeln abzuwerten. Aichinger wandte hier eine Strategie an,<br />

139<br />

434<br />

435<br />

436<br />

437<br />

438<br />

Auf dem Kuhberg. In: Der Spiegel (Hamburg), 1963, Nr. 12, S. 71-75.<br />

Ebenda, S. 74.<br />

Ebenda.<br />

Leserzuschrift von Claus Peter Wörner, Ulm. In: Der Spiegel (Hamburg), 1963, Nr. 15,<br />

S. 18.<br />

Leserzuschrift von Ilse Aichinger, Lenggries (Bayern). In: Der Spiegel (Hamburg), 1963, Nr.<br />

15, S. 18.

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