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8. Schluß betrachtung<br />

Die deutsche Nachkriegsrezeption machte aus dem historisch abgeschlossenen Bauhaus<br />

einen zeitlosen Klassiker. Die teilweise stark von Gropius beeinflußte Forschung<br />

bemü hte sich explizit um eine adäquate Wü rdigung des Instituts der Weimarer Republik,<br />

die jedoch vor allem im Laufe der sechziger Jahre in eine unreflektierte Mystifikation<br />

umschlug. Dadurch bekam das Bauhaus eine faszinierende Aura, die ihm bis in<br />

unsere Tage erhalten geblieben ist.<br />

In den fü nfziger und sechziger Jahren suchte die Forschung nach einer Erklärung fü r<br />

die Sonderstellung des historischen Instituts bereits während seiner Existenz und fand<br />

diese in der hohen Konzentration von Ausnahmekü nstlern an einer Schule, die von<br />

einem ungewöhnlich kreativem Geist durchdrungen war. Diese besondere Arbeitsatmosphäre<br />

sei durch die liberale Schulkonzeption von Gropius entstanden, die auf<br />

einer ü bergeordneten „Idee“ basierte. Der weitreichendste Forschungsbeitrag dieser<br />

Rezeptionsphase war es, die „Bauhaus-Idee“ von der historischen Schule zu trennen<br />

und ihr auf diese Weise einen autonomen und zeitlosen Status zu verleihen. Schließlich<br />

waren die ideellen Interpretationsansätze langlebiger als die praktischen Versuche<br />

der Weiterfü hrung, da der Begriff der „Idee“ variabler und auch dehnbarer war, so daß<br />

er als Pars pro toto je nach Bedarf eingesetzt werden konnte.<br />

Gropius verstand es in den fü nfziger Jahren, die „Bauhaus-Idee“ als eigentliches<br />

Substrat seines gesamten Lebenswerks zu propagieren, obwohl er selbst das Bauhaus<br />

1928 mit der Begrü ndung verlassen hatte, er wolle sich wieder ungestört seiner eigentlichen<br />

Profession, der Architektur, zuwenden. Trotzdem galt der Bauhaus-Grü nder in<br />

Deutschland als Personifikation des Bauhauses, und erst durch seine vermehrten<br />

Auftritte in seinem Geburtsland, bei denen er wiederholt die Rolle des Architekten in<br />

der Demokratie erörterte, wurde die „Bauhaus-Idee“ fü r eine kulturpolitische Verwertung<br />

entdeckt. In der Zeit des Kalten Krieges galt das Bauhaus als Inbegriff einer liberalen<br />

Gesinnung und konnte als Gegenbild zum totalitären Regime der Sowjetunion<br />

eingesetzt werden.<br />

Fortan wurde das Bauhaus nicht mehr lediglich als Hochschule betrachtet, in der Gestalter<br />

ausgebildet wurden, sondern als eine Lehranstalt fü r verantwortungsbewußte<br />

demokratische Bü rger. Zu diesem Zweck mußten sämtliche störende Aspekte entweder<br />

in ihrer Bedeutung heruntergespielt oder als „nicht bauhausgemäß“ klassifiziert<br />

werden. Dieser Praxis fiel auch Hannes Meyer zum Opfer, da es in der damaligen Zeit<br />

kaum jemand gewagt hätte, fü r einen „Marxisten“ Partei zu ergreifen. Auf diese Weise<br />

entstand ein postum geglättetes Bild der Institution, die in einer vermeintlichen Solitär-

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