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zugewiesene besondere Bedeutung wurde daran ersichtlich, daßes in einem speziellen<br />

Vortrag behandelt wurde. Fü r diesen konnte Sigfried Giedion gewonnen werden,<br />

der seine Rede ü ber Das Bauhaus und seine Zeit mit einem Zitat aus einem Brief von<br />

Gropius einleitete, 86 in dem dieser die charakteristischen Merkmale des Bauhauses<br />

zusammengefaßt hatte. Hierin hatte der Bauhaus-Grü nder unter anderem erklärt: „Der<br />

vielseitige kü nstlerische Mensch, wie wir ihn im Bauhaus zu erziehen versuchten, ist<br />

der Prototyp echter Demokratie.“ 87 Dieser Definition vermochte niemand zu widersprechen,<br />

denn Gropius genoßäußerste Autorität. Gleichzeitig wurde hier die besondere<br />

Betonung des Bauhauses innerhalb des Kongresses legitimiert: Die Kunstschule hatte<br />

Menschen zu „Demokraten“ ausgebildet.<br />

In den anschließenden Diskussionen, an denen sich unter anderem die ehemaligen<br />

Bauhäusler Georg Muche, Josef Albers, Gustav Hassenpflug und Lucia Moholy beteiligten,<br />

konnte die Außergewöhnlichkeit des Instituts anscheinend nur von den Ehemaligen<br />

nachvollzogen werden; andere Teilnehmer kritisierten an Giedions Ausfü hrungen<br />

einen gewissen „Heroenkult“. 88 Daraus entspann sich eine sehr emotional gefü hrte<br />

Diskussion, da die Bewertungen hinsichtlich der Geltung des Bauhauses unterschiedlich<br />

waren. 89 Letztlich war man sich jedoch darin einig, daßman der kulturellen<br />

Traditionen der zwanziger Jahre dringend bedü rfe. Vor allem die junge Generation<br />

sollte die Gelegenheit erhalten, die Errungenschaften der Weimarer Republik auf ihre<br />

Gü ltigkeit und Integrität hin ü berprü fen zu können, bevor sie sie auf die aktuellen Verhältnisse<br />

anwendete. So sollte die in den Nachkriegsjahren aufgekommene generelle<br />

Abneigung gegen Traditionen jedweder Art ü berwunden werden. Das Bauhaus stelle<br />

ein gutes Beispiel fü r die Möglichkeit eines bedenkenlosen Anknü pfens an alte Traditionen<br />

dar, weil es als Inbegriff einer liberalen und demokratischen Grundhaltung verstanden<br />

wurde.<br />

Diese Einstellung gegenü ber Bauhaus und Weimarer Republik blieb ü ber die folgenden<br />

Jahre hinweg nahezu unverändert wirksam. Der damalige Bundesminister fü r<br />

Wohnungswesen und Städtebau, Lauritz Lauritzen, ging noch 1968 in einer Eröffnungsansprache<br />

anläßlich einer Josef Albers gewidmeten Ausstellung in Bonn auf die<br />

86<br />

87<br />

88<br />

89<br />

Giedion hatte bereits in den zwanziger Jahren die Entwicklung des Bauhauses verfolgt, der<br />

Kontakt mit Gropius blieb darü ber hinaus u.a. ü ber den CIAM und ü ber ihre Professuren in<br />

Harvard bestehen.<br />

Zitiert nach Reinisch (Hrsg.), 1961, S. 15. – Zu der Verknü pfung von Bauhaus und<br />

Demokratie vgl. auch Grote, Ludwig: Wohnmaschinen von einst und das Bauhaus heute.<br />

In: Die Neue Zeitung (Mü nchen), 14.02.1951.<br />

Vgl. Kiaulehn: Diskussionsbeitrag. In: Reinisch (Hrsg.), 1961, S. 143.<br />

Vgl. auch Pawek: Diskussionsbeitrag. In: Ebenda, S. 152-156.

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