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88<br />

mit seinem Artikel Ist das Bauhaus aktuell? und der darauffolgende Briefwechsel mit<br />

Gropius erregt hatte, sollte nun eine offizielle Darstellung der Zeit nach dem Weggang<br />

von Gropius vorgelegt werden.<br />

In diesem Zuge entwickelte Wingler 1963 ein Exposé ü ber Die jüdische Komponente<br />

des Bauhauses. 278 In dem Forschungsvorhaben wollte er zum einen die Bedeutung der<br />

jü dischen Bauhaus-Schü ler fü r die Entwicklung des Bauhauses untersuchen und zum<br />

anderen ihren unterschiedlichen Schicksalen sowie der Weiterfü hrung der Bauhaus-<br />

Idee in Israel nachgehen. Das Projekt sollte in einer Publikation und umfangreichen<br />

Ausstellung präsentiert werden, die in Zusammenarbeit mit dem Museum in Tel Aviv<br />

geplant war. Wingler ging davon aus, daßvor allem in den späten zwanziger Jahren<br />

Juden aus Osteuropa zum Bauhaus stießen, die im Gegensatz zu den europäischen,<br />

meist aus assimilierten Familien stammenden Bauhäuslern jü discher Herkunft, eine<br />

eigene soziale Utopie im Bauhaus verwirklichen wollten. Damit wollte er einen neuen<br />

Forschungsansatz fü r die Ära Meyer liefern, die er vor allem in Ulm simplifiziert und<br />

mystifiziert sah. Anstatt zuzulassen, daßMeyer zu einem tragischen Helden stilisiert<br />

wü rde, sollte man besser eine ernsthafte Erforschung seiner Direktorenschaft anstreben.<br />

279 Um Fördergelder von der Thyssen-Stiftung zu erhalten, unterbreitete Wingler<br />

sein Exposé Grote, der dort Gremiumsmitglied war, und problematisierte die Schwierigkeit<br />

einer angemessenen Beurteilung der Ära Meyer nach dem bisherigen Stand der<br />

Forschung:<br />

„Meines Erachtens tut man dem Bauhaus keinen Gefallen, wenn man diese<br />

Periode kategorisch fü r ein dunkles Intermezzo erklärt. Hannes Meyer war labil,<br />

er war charakterlich (gelinde gesagt) schwierig, mit seinen Manipulationen<br />

und seiner Disziplinlosigkeit hat er dem Bauhaus Schaden zugefü gt. Das<br />

Konstruktive fehlt trotzdem nicht ganz. Fehlte es, so wäre es schlechterdings<br />

unbegreiflich, daßGropius ihn als Nachfolger vorgeschlagen hat.“ 280<br />

Winglers Argumentation belegt, daßer trotz aller Vorbehalte die Person Meyers sowie<br />

seine Direktorenschaft als wesentlichen Bestandteil der Geschichte des Bauhauses<br />

anerkannte, der zwingend der Untersuchung bedurfte. Doch damit fand er bei Grote<br />

kein Gehör, und auch Gropius, der sofort von Grote ü ber Winglers Absichten informiert<br />

worden war, brachte umgehend massive Bedenken gegen Winglers Pläne vor. 281 Zwar<br />

278<br />

279<br />

280<br />

281<br />

Vgl. Wingler, Hans M.: Die jü dische Komponente des Bauhauses. Typoskript, 4. Bl., November<br />

1963. [BHA]<br />

Vgl. Wingler, Hans M.: Brief an Walter Gropius vom 10.12.1963. [BHA]<br />

Brief von Wingler, Hans M.: Brief an Ludwig Grote vom 10.12.1963. [BHA]<br />

Aus dem Briefwechsel geht hervor, daßWinglers informierendes Schreiben ü ber sein Forschungsvorhaben<br />

erst kurze Zeit später bei Gropius ankam als ein Brief Grotes, der den<br />

Bauhaus-Grü nder umgehend ü ber das Vorhaben des Archiv-Direktors in Kenntnis setzte.

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