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die am Bauhaus geschaffenen Gegenstände ebenso wie die dort praktizierte Ausbildungsmethode<br />

zum Ausdruck einer nur dort anzutreffenden Lebenseinstellung.<br />

Das Bauhaus avancierte zum hervorragenden Kulturgut, mit dem Deutschland den<br />

Nationalsozialismus ausgleichen konnte, schließlich hatte es eine Weiterentwicklung<br />

vor allem in Amerika gegeben. Die dort verbreitete, uneingeschränkt positive Einschätzung<br />

des Instituts legitimierte eine begeisterte Rezeption in Deutschland.<br />

Da man sich jedoch nicht auf die Aufarbeitung der vergangenen Verdienste eines historischen<br />

Instituts beschränken wollte, trat eine Beschwörung der ideellen Ü bertragbarkeit<br />

des Bauhauses auf aktuelle Gegebenheiten in den Vordergrund. Aus diesem<br />

Grunde mußte in erster Linie das Schulprofil charakterisiert werden, damit die dem<br />

Bauhaus immanenten Kapazitäten definiert und den jeweiligen Verhältnissen gemäß<br />

modifiziert werden konnten. Zu diesem Zweck wurde die „Bauhaus-Idee“ propagiert,<br />

die ihrem Wesen nach dynamisch und modifizierbar war. Gleichberechtigt wurde eine<br />

unspezifische „Bauhaus-Stimmung“ heraufbeschworen. Die Rezeption von beiden gleichermaßen<br />

konstruierten Faktoren fü hrte zu einer immensen Mystifikation des Bauhauses.<br />

Die praktische Weiterfü hrung der Gestaltungsgrundsätze in einer Nachfolge-<br />

Institution erschien aus diesen Grü nden als unmöglich.<br />

So wurde die konkrete Kunstschule der zwanziger Jahre zu einem omnipotenten und<br />

„zeitlosen“ Institut, das als Ausdruck eines „demokratischen“ Geistes in den Kampf<br />

gegen den Sozialismus gefü hrt werden konnte. Hatte das Bauhaus 1933 auch nichts<br />

gegen die Nationalsozialisten ausrichten können, so sollten nun wenigstens alle seine<br />

Möglichkeiten zur Bekämpfung des Sozialismus ausgeschöpft werden.<br />

Man wollte auf die Errungenschaften des Bauhauses uneingeschränkt stolz sein können.<br />

Deshalb wurden alle das verklärte Bild beeinträchtigende Aspekte in den Hintergrund<br />

gedrängt. Gropius nutzte als Verfechter des „wahren“ Bauhauses alle ihm zur<br />

Verfü gung stehenden Möglichkeiten zur Berichtigung von – seiner Meinung nach –<br />

falschen Darstellungen oder Anschuldigungen und gab einen festgesteckten Interpretationsrahmen<br />

vor. Widersprü che gegen diese Art der Manipulation gab es nur selten,<br />

denn Gropius’ Autorität war nahezu unantastbar. So sorgte er dafü r, daßweder auf das<br />

Bauhaus noch auch auf seine eigene Person ein Schatten fiel. Das auf diese Weise<br />

entstandene Bild vom Bauhaus blieb fü r lange Zeit prägend, und man begann erst vor<br />

einigen Jahren, z.B. die unbedingte demokratische Haltung der Bauhäusler 147 oder<br />

147<br />

Vgl. dazu Nerdinger, Winfried (Hrsg.): Bauhaus-Moderne im Nationalsozialismus. Mü n-<br />

chen, 1993. Hier wurde erstmals das Leben von ehemaligen Bauhäuslern im Dritten Reich<br />

auch hinsichtlich ihrer Einstellung zum Nationalsozialismus kritisch untersucht.

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