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grammatische Texte Idee und Aufbau des Staatlichen Bauhauses und Grundsä tze der<br />

Bauhausproduktion. 381 Basierend auf der hierin vertretenen These der Unlehrbarkeit<br />

der Kunst sah Bill die Kunst als einen „Bazillus“ an, der einen „ü berfällt“ oder nicht.<br />

Diese – positiv verstandene – „Krankheit“ stellte fü r Bill die Ausgangsvoraussetzung fü r<br />

jede Beschäftigung mit Gestaltung dar, die er grundsätzlich als eine unter verschiedenen<br />

kü nstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten erachtete. Angesichts der wirtschaftlichen<br />

und gesellschaftlichen Situation im Nachkriegsdeutschland war fü r ihn die gestaltende<br />

Tätigkeit jedoch als einzige moralisch vertretbar. Dem Kü nstler als Kulturträger einer<br />

Gesellschaft solle nun die Möglichkeit ergreifen, mittels Gestaltung den Alltag und die<br />

ihn prägenden Dinge kulturell aufzuwerten. Indem Bill die unbedingte Zweckmäßigkeit<br />

aller gestalteten Dinge einforderte, bezog er sich nicht nur auf „die gute Form“, 382 sondern<br />

auch auf die Grundsä tze der Bauhausproduktion. Gropius hatte sein Bauhaus-<br />

123<br />

Programm bereits 1925 in der Hoffnung formuliert, dem durch Krieg und Inflation in Not<br />

geratene „Kü nstlerproletariat“ durch eine adäquate Ausbildung die Chance zur kü nstlerischen<br />

und dennoch wirtschaftlich sinnvollen Tätigkeit zu ermöglichen. Einen wichtigen<br />

Punkt bildete fü r beide die Einbettung der kü nstlerischen Betätigung in das alltägliche<br />

Leben. Fü r Bill bedeutete dies „tägliche Kultur, nicht Extrakultur“, was stark an<br />

Hannes Meyers „Volksbedarf statt Luxusbedarf“ erinnert. 383 Doch war die Aussage<br />

keineswegs sozialistisch im politischen Sinne gemeint. Vielmehr sollte der Geruch des<br />

Elitären ü berdeckt werden, der in der Zeit des Wiederaufbaus, in der sich die meisten<br />

Menschen in Verzicht ü ben mußten, als unanständig galt.<br />

Bills Motivation, sich als Kü nstler verstärkt der gestaltenden anstelle der bildenden<br />

Kunst zu widmen, erklärt sich nicht zuletzt aus der Umbruchsituation der Bundesrepublik<br />

nach dem ü berstandenen Trauma des Zweiten Weltkriegs. Der Wille, beim Wiederaufbau<br />

aktiv mitzuwirken, hatte z.B. auch Otl Aicher zu der Erkenntnis gefü hrt,<br />

„daßkunst eine flucht war aus den vielfältigen aufgaben, die auch der kultur<br />

erwuchsen, als die naziherrschaft in brü chen lag.“ 384<br />

Bill seinerseits zog daraus die Konsequenz, die eigenen kü nstlerischen Energien im<br />

gemeinnü tzigen Gebiet der Gestaltung zu kanalisieren. Mit dieser Arbeitsauffassung<br />

381<br />

382<br />

383<br />

384<br />

Gropius, Walter: Idee und Aufbau des staatlichen Bauhauses. In: Staatliches Bauhaus<br />

Weimar 1919-1923. Mü nchen/Weimar, 1923 (Reprint Mü nchen, 1980); ders.: Grundsätze<br />

der Bauhausproduktion. In: Ders. (Hrsg.): Neue Arbeiten der Bauhauswerkstätten. Passau,<br />

1925. (Reprint Mainz/Berlin, 1981)<br />

Vgl. Bill, Max: Schönheit aus Funktion und als Funktion. Vortrag gehalten an der SWB-<br />

Tagung in Basel, 1948. In: Werk (Winterthur), 36, 1949, Nr. 8, S. 272 (Sonderdruck Die<br />

Gute Form).<br />

Meyer, Hannes: bauhaus und gesellschaft. In: bauhaus (Dessau), Jg. 3, 1929, Nr. 1, S. 2.<br />

Aicher, 1991, S. 124.

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