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am Stü tzpfeiler durch den Raum laufende Abflußrohr (Abb. 7 u. 8). Die Retusche<br />

wurde bei Details eingesetzt, die den Bildeindruck hätten beeinträchtigen und beim<br />

Betrachter Verwirrung oder Unverständnis hervorrufen hätten können. Dadurch wurden<br />

die Bilder konsumierbarer, das heißt schneller visuell erfaßbar und entsprechend einprägsamer.<br />

Bei den Werkstatterzeugnissen weisen die Fotografien ebenso massive Spuren der<br />

Retusche auf. So wurden bei der Fotografie eines Silberservices von Marianne Brandt<br />

die Konturen der einzelnen Gegenstände derart stark nachgezeichnet, daßeher der<br />

Eindruck einer detaillierten Entwurfsskizze als der einer Fotografie entstand (Abb. 9 u.<br />

10). Während auf dem Abzug der zwanziger Jahre noch die Materialästhetik des Metalls<br />

im Vordergrund gestanden hatte und die spiegelnden runden Flächen sich in ihren<br />

Kanten aufzulösen schienen, wurde ihnen durch die Retusche ein großer Teil ihrer<br />

Leichtigkeit genommen. 1962 wurde mehr Gewicht auf die Funktion und technischen<br />

Details der Geräte gelegt, auf Scharniere und Griffe. Durch die Ü berarbeitung erschienen<br />

die Arrangements lediglich zweidimensional.<br />

Die Beseitigung der realen, räumlichen Zusammenhänge ist auch bei den Möbelfotografien<br />

zu beobachten. Einerseits wurde bei der Abbildung eines Schreibtisches von<br />

Erich Dieckmann zur Verdeutlichung der Qualität des Gegenstandes die Holzmaserung<br />

nachgezeichnet (Abb. 11 u. 12). Andererseits wurden fü r Winglers Buch Fußboden und<br />

Wandleiste entfernt, so daßes sich kaum noch um einen benutzbaren Tisch handelte.<br />

Die Abbildung eines zum Gebrauch bestimmten Arbeitsplatzes wurde auf diese Weise<br />

in eine reine Objekt-Fotografie umgewandelt.<br />

Am drastischsten wirkte sich die Retusche bei den Keramikabbildungen aus (Abb. 13<br />

u. 14). Auf dem Originalfoto standen die Gefäße auf einem mit einem Tuch bedeckten<br />

zweistufigen Aufbau in zwei Ebenen hintereinander. Bei der von Wingler verwendeten<br />

Abbildung wurde der Hintergrund völlig entfernt, so daßdie ursprü ngliche räumliche<br />

Anordnung nicht mehr nachvollziehbar ist. Dies hat zur Folge, daßdie Gegenstände<br />

vollkommen losgelöst voneinander im Raum zu schweben scheinen.<br />

In den zwanziger Jahren hatte noch die möglichst optimale Präsentation der einzelnen<br />

Gegenstände und der Architektur im Vordergrund gestanden. Die Fotografien sollten<br />

zur Verbreitung der Arbeit des Bauhauses beitragen. Die Werkstatterzeugnisse waren<br />

oft auf Tischen zusammen mit anderen Gegenständen fotografiert worden, um zu verdeutlichen,<br />

daßsie benutzbar waren. In erster Linie sollte die radikale Neuartigkeit der<br />

Gegenstände und die revolutionäre Architektur den Betrachter dazu animieren, sich<br />

durch den Kauf und Gebrauch dieser Gegenstände auch ein neues Lebensgefü hl anzueignen.

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