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mit Bauhaus-Entwü rfen konfrontierten Besucher bereits einige Jahrzehnte zuvor in den<br />

Sinn gekommen.<br />

„Ich betrete eine solche Wohnung und sage: Mensch, destillierst du hier,<br />

machst du hier chemische Versuche? Ich fü hle mich wie in einem Laboratorium.<br />

[...] ich wundere mich, daßman mir den Tee in normalen Tassen anbietet;<br />

eigentlich mü ßte man ihn aus Reagenzgläsern trinken.“ 611<br />

Beide Schulen irritierten gleichermaßen ihr Publikum, indem sie es mit einer konsequent<br />

durchgestalteten dinglichen Umwelt konfrontierten, die als ü berzogen und unpassend<br />

empfunden wurde, weil die Unterschiede zwischen öffentlichem, privatem<br />

oder beruflichem Leben aufgehoben schienen. Darin mag auch der Grund liegen,<br />

warum zwar einzelne Entwü rfe gegen die ursprü ngliche Intention der Schulen zu begehrten<br />

Statussymbolen avancierten, im allgemeinen aber immer nur eine zeichenhafte<br />

Funktion in einer mehr oder weniger konventionellen Umgebung einnahmen. Als<br />

reines Accessoire standen sie fü r eine moderne Weltsicht, die mehr theoretisch repräsentiert<br />

denn praktisch gelebt werden wollte.<br />

201<br />

5.3.4. Die Angst vor dem „ gewissen Etwas“<br />

Als größter gemeinsamer Nenner zwischen Bauhaus und HfG ist der Anspruch anzusehen,<br />

ordnend in die Umwelt einzugreifen, indem all ihre Elemente unter einheitlichen<br />

Maßstäben gestaltet werden sollten. Aus dieser Haltung resultierte ein Avantgarde-<br />

Anspruch, der sich unter anderem in der Hochschul-Architektur widerspiegelte.<br />

Abgesehen von dieser Grundhaltung gab es jedoch bereits in der bislang gemeinhin<br />

als „Bauhaus-Rezeptions-Phase“ eingestuften Ära Bill mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten<br />

in Ausbildungszielen und Gestaltungsmethoden. Die an einigen Entwü rfen<br />

festgestellten Spuren, die vor allem Albers’ Unterricht in Ulm hinterließ, mü ssen als<br />

Ausnahme gewertet werden.<br />

Als Bill postulierte, er wolle das Bauhaus dort weiterfü hren, wo es hingelangt wäre,<br />

hätte es keine Unterbrechung durch den Nationalsozialismus gegeben, ging er keineswegs<br />

davon aus, daßsich das Bauhaus Meyers oder Mies van der Rohes weiterentwickelt<br />

hätte. Vielmehr begrü ndete er den eigenen Ansatz auf seiner Interpretation des<br />

Bauhauses, als dessen durchsetzungsfähigsten Aspekt er die Durchdringung der industriell<br />

geprägten Umwelt mit einer zeitgemäßen modernen Ästhetik definierte. Auf der<br />

Suche nach dem „Schlü ssel“, der dem Gestalter die Tü r zur Industrie öffnen sollte, gelangte<br />

Bill zu einer objektiven Gestaltung, die sowohl hinsichtlich ihrer Funktionserfü l-<br />

611<br />

Lü tzeler, Heinrich / Lü tzeler, Margot: Unser Heim. Köln, o.J., S. 9-11.

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