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genheiten den damals knapp bemessenen Wohnraum platzsparend einzurichten.<br />

Allerdings scheint dieser Anspruch hier mehr theoretisch denn praktisch im Vordergrund<br />

gestanden zu haben. Ebenso wie dem Ulmer Hocker, der auch als Tragegerät<br />

nutzbar sein sollte, 604 wurde dem Spielmöbel eine weitere Funktion zugeordnet, die in<br />

der Praxis jedoch aufgesetzt erscheint.<br />

Diese Idee der „Multifunktionen“ verfolgte Nick H. Roericht, als er 1958 als Diplomarbeit<br />

ein Hotelgeschirr entwarf. (Abb. 70) Die Zahl der Einzelbestandteile wurde verhältnismäßig<br />

gering gehalten, da manche Teile gleichermaßen als Teller, Deckel, Untersetzer,<br />

Abdeckung oder Schalen verwendet werden konnten. Indem der Querschnitt<br />

der Teile im oberen Bereich geringfü gig größer ist als im unteren, greifen sie ineinander,<br />

wodurch nicht nur die Stabilität erhöht, sondern auch die Stapelhöhe verringert<br />

wird. Diese Art des Ineinandergreifens war zwar ein traditionelles Mittel, um mehrteilige<br />

Keramikgegenstände zu stabilisieren, wurde hier jedoch in Hinblick auf die Raumersparnis<br />

noch erhöht. Roericht konstruierte das Geschirr hauptsächlich auf der Basis<br />

von kreisrunden Zylinderformen, die, in zwei Durchmessern unvermittelt aufeinandergesetzt,<br />

die Gefäße bildeten. Bei den Tassen wurden im oberen Bereich kreisrunde<br />

Henkelringe angesetzt. Lediglich die leicht herausgezogenen Ausgießer der Kannen<br />

und Kännchen lockern die Form geringfü gig auf. Im gestapelten Zustand ergänzen sich<br />

die Geschirrteile so nahtlos zu einer großen Kompaktform, bei der die Einzelformen<br />

nicht mehr eindeutig identifizierbar sind.<br />

Der elementare Systemgedanke hatte bereits in der Keramikwerkstatt des Bauhauses<br />

seine Anwendung gefunden, in der Theodor Bogler 1923 eine Mokkamaschine entworfen<br />

hatte, die von der Staatlichen Porzellanmanufaktur in Serie hergestellt wurde.<br />

Die Mokkamaschine stellte einen der seltenen Versuche der Keramiker am Bauhaus<br />

dar, auf eine Typisierung und Standardisierung ihrer Produkte hinzuarbeiten. Bogler<br />

zergliederte die Maschine in Einzelelemente, die erst in ihrer montierten Form funktionstü<br />

chtig waren. (Abb. 71)<br />

In Weiterfü hrung des Baukastengedankens entwickelte Wilhelm Wagenfeld 1938 ein<br />

gläsernes Vorratssystem. Er hatte die Idee gehabt, mehrere Vorratsgefäße aus Glas<br />

so zu gestalten, daßsie sich gegenseitig verschließen. (Abb. 72) Ü ber- und nebeneinandergestapelt<br />

ergeben sie eine geschlossene Form, die an die Architektur des Neuen<br />

Bauens erinnert. Im Vergleich dazu vermittelt Roerichts unendlich stapelbares Geschirr<br />

604<br />

Lindinger (Hrsg.), ²1990, S. 70.

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