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234<br />

An den Arbeiten Wagenfelds wird deutlich, daßer seine Formensprache seit der Ausbildung<br />

am Weimarer Bauhaus erheblich weiterentwickelt hatte. Am Beispiel der Trinkgläser<br />

ist der Wandel von der schlichten schmucklosen Garnitur Oberweimar von 1935<br />

(Abb. 96) zu den aufwendig geschliffenen, repräsentativen Kelchgläsern Greif oder<br />

Staffelstein aus Bleikristall abzulesen. (Abb. 97) Die in den fü nfziger und sechziger<br />

Jahren entstandenen weich geformten Schalen oder Behältnisse, die sich bereitwillig in<br />

die Hände ihrer Benutzer begaben, sind ebenso als Produkte eines zeitgebundenen<br />

ästhetischen Empfindens zu begreifen. Obgleich die Verwendung der modernen Materialien<br />

wie Kunststoff oder Cromargan den Ansprü chen der Hausfrauen nach Leichtigkeit,<br />

Dauerhaftigkeit und einfacher Reinigung entgegen kam, gestaltete Wagenfeld<br />

nicht nur gemäßrein funktionaler Erfordernisse, sondern kalkulierte auch sinnliche und<br />

emotionale Qualitäten mit ein. Schließlich waren seine Entwü rfe so erfolgreich, daßdie<br />

Auftraggeber die Objekte unautorisiert mit Dekoren versahen oder sie in leicht variierter<br />

und billigerer Ausfü hrung ohne sein Zutun vertrieben. 697<br />

Indem Wagenfelds Erfolg als Resultat seiner Ausbildung am Bauhaus dargestellt<br />

wurde, erschienen seine Entwü rfe in einem anderen Licht und wurde nochmals aufgewertet.<br />

Vice versa sollte das Beispiel Wagenfelds die Durchschlagskraft und Beständigkeit<br />

der Bauhaus-Idee auch noch nach fü nfzig Jahren bestätigen.<br />

Obgleich Architektur und Produktgestaltung theoretisch gleichberechtigt präsentiert<br />

werden sollten, waren hauptsächlich die Architekten mit ihren Bauten vertreten, die aus<br />

den unterschiedlichsten Bereichen stammten: Privathäuser, Hochhäuser, Fabriken,<br />

öffentliche Bauten und komplette Siedlungsplanungen wie z.B. die Planung fü r die<br />

Siedlung Berlin Buckow-Rudow von Gropius. Das fü hrte den Besuchern vor Augen,<br />

wie sehr ihr eigenes Leben vom Bauhaus geprägt wurde, ohne daßsie je davon gewußt<br />

hatten, daßsich die Gestaltungsprinzipien des Bauhauses schon längst weitreichend<br />

durchgesetzt hatten.<br />

Soweit wurden die Ausstellungsorganisatoren ihrem Anspruch gerecht, den Besuchern<br />

„50 Jahre Bauhaus“ zu zeigen. Eine Auseinandersetzung, ob und inwieweit solche Arbeiten,<br />

die fast 35 Jahre nach dem Ende des historischen Bauhauses entstanden waren,<br />

ü berhaupt noch zu den Bauhaus-Erzeugnissen gezählt werden konnten, unterblieb<br />

in der Ausstellung ebenso wie im Katalog. Ebensowenig wurde versucht, ein ver-<br />

697<br />

So wurde das Rosenthal-Service Gloriana auch farblich verändert und nachträglich dekoriert<br />

hergestellt. Manske, Beate / Scholz, Gudrun (Hrsg.): Täglich in der Hand. Bremen,<br />

1987, S. 319; vgl. auch: Burschel, Carlo / Scheiffele, Heinz: Wilhelm Wagenfeld in der<br />

WMF. In: Manske (Hrsg.), 2000, S. 153.

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