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einzugehen und sein Verständnis der Bauhaus-Idee näher zu erläutern, vermochte er<br />

lediglich die Innovationskraft der HfG zu beschwören:<br />

„wir haben hier eine neue stätte aufgebaut, an der neue experimente gemacht<br />

werden sollen. wir mü ssen weit ü ber das bekannte hinauszugehen versuchen<br />

und an unser vorgehen sehr strenge masstäbe anlegen. was wir anstreben,<br />

wird sich erst in unserer arbeit zeigen. deshalb ist es besser, jetzt an die arbeit<br />

zu gehen statt weiter zu reden.“ 391<br />

Hier trat die grundsätzliche Problematik zu Tage, daßdas studentische Wissen ü ber<br />

das historische Bauhaus nicht differenziert genug war, um sich unter Bills „generellen<br />

Idee“ etwas Konkretes vorstellen zu können. Deshalb war auch das Statement „dort<br />

weiter zu machen, wo das Bauhaus angelangt wäre, wenn es nicht geschlossen worden<br />

wäre“ eine nicht greifbare, schillernde Seifenblase, die sich in nichts auflöste,<br />

wenn man sich ihr zu nähern versuchte. Bill, zu diesem Zeitpunkt stark in der Kritik<br />

seiner Kollegen, wollte sich nicht weiter in kontroverse Diskussionen verstricken lassen.<br />

Die Ulmer Hochschule befand sich in einer Zwickmü hle; man wollte den Status der<br />

Bauhaus-Nachfolge nicht aufgeben und gleichzeitig die Freiheit besitzen, einige grundsätzliche<br />

Elemente des Bauhauses als ü berholt zu verwerfen. Auch Bills Nachfolger<br />

Maldonado mußte sich eines Kunstgriffs bedienen, um den Studenten die Position der<br />

HfG zu erklären:<br />

„Unsere Beziehung zum Bauhaus hat in der Ö ffentlichkeit wiederholt zu Mißverständnissen<br />

gefü hrt, dadurch, daßunsere Schule als Fortsetzung des<br />

Bauhauses definiert wurde. Wenn es auch paradox erscheinen mag, so wage<br />

ich dennoch zu behaupten, daßdiese Feststellung wahr und zugleich nicht<br />

wahr ist. Wie das Bauhaus ein wichtiges Moment in der Kulturgeschichte bildete,<br />

so hat heute die Problematik der zwanziger Jahre und die auszeichnende<br />

Eigenheit des Bauhauses an Aktualität verloren, nämlich: ‚die Kunst in<br />

der Industrie anzuwenden’. Der Versuch, das Bauhaus buchstäblich weiterzufü<br />

hren, käme einem nur restaurativen Bemü hen gleich. Die besten der<br />

ehemaligen Bauhäusler werden gewißdarin beistimmen, daßeine Fortsetzung<br />

des Bauhauses heute impliziert, in gewisser Weise gegen das Bauhaus<br />

zu sein. Wir ü bernehmen nur dessen progressive, antikonventionelle Haltung,<br />

– das Streben, einen Beitrag zu leisten zur Gesellschaft in der jeweils eigenen<br />

historischen Situation. In diesem Sinn und nur in diesem Sinn setzen wir die<br />

Arbeit des Bauhauses fort.“ 392<br />

Obgleich Maldonado damit Bill, den er offensichtlich nicht zu den „besten der ehemaligen<br />

Bauhäusler“ zählte, indirekt angriff, war seine Rede doch von der gleichen zwiespältigen<br />

Haltung geprägt. Zwar wußte Maldonado seine Kritik konkreter zu definieren<br />

391<br />

392<br />

Ebenda.<br />

Maldonado, Tomás: Rede des Vorsitzenden des Rektoratskollegiums zur Eröffnung des<br />

Studienjahres 1957/58 am 03.10.1957. Typoskript. [HfG-A]

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