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auch dessen Beurteilung sollte allgemeingü ltig und fü r jedermann nachvollziehbar sein.<br />

Dies bezog sich neben den technischen Funktionen auch auf die bislang subjektiven<br />

Maßstäben unterworfene, äußere Gestalt eines Objektes. Ihre ansprechende Form<br />

sollte erst nach der optimalen Erfü llung der funktionalen Erfordernisse objektiv folgerichtig<br />

aus ihren Bedü rfnissen heraus „konstruiert“ werden. Dafü r sollte der Student aus<br />

seinem breit gefächerten Fundus an zweckungebundenen Möglichkeiten, den er sich<br />

durch das fortwährende Training angeeignet und auf seine Einsatzmöglichkeiten hin<br />

erprobt hatte, die beste Lösung abrufen. 510 Damit verabschiedete Bill die individuelle<br />

kreative Idee als erste Inspiration fü r einen Entwurf, so daßsich der einzelne Student<br />

vom Druck der genialen Lösung befreit sah. Stattdessen sollte der Gestalter ohne<br />

Selbstverwirklichungsanspruch hinter seine Arbeit zurü cktreten. 511<br />

In diesem Zusammenhang spielte die intellektuelle Auseinandersetzung der Studierenden<br />

mit ihren eigenen Entwü rfen eine große Rolle. Eine objektiv nachvollziehbare Begrü<br />

ndung fü r die ästhetische Qualität einer Arbeit sollte zum einen dazu verhelfen, den<br />

Entwurfsprozeßfü r die Studierenden selbst transparenter zu machen, und zum anderen<br />

die verbale Ausdrucksfähigkeit verfeinern, um sich auch mit ästhetischen Argumenten<br />

durchsetzen zu können. Damit ging Bill einen Schritt weiter als am Bauhaus,<br />

wo die gemeinsame Aufgabenbewertungen von Professoren und Studenten ü blich<br />

gewesen war, um die akademische Hierarchie des Meister-Schü ler-Verhältnisses außer<br />

Kraft zu setzen. Durch die selbständige Reflexion sollte zudem die Kritikfähigkeit<br />

auch bezü glich der eigenen Arbeit sensibilisiert werden. 512 In Ulm dagegen ging es um<br />

das Vermögen, sich gegenü ber einem kritischen Publikum mit ü berzeugenden, rationalen<br />

Argumenten durchzusetzen. Demnach zielte Bill grundsätzlich auf eine Intellektualisierung<br />

des Berufsbildes des Gestalters.<br />

Darü ber hinaus gibt es weitere, bisher unberü cksichtigte Unterschiede zwischen den<br />

pädagogischen Voraussetzungen, von denen Bill oder die Bauhauslehrer ausgingen.<br />

Obgleich an beiden Schulen „learning by doing“ praktiziert wurde, so waren doch an<br />

das „doing“ unterschiedliche Vorstellungen geknü pft. Albers’ Grundkurs zum Beispiel<br />

zielte auf die Freisetzung ureigener schöpferischer Energien durch spielerisches Probieren,<br />

von denen der Schü ler selbst nichts geahnt hatte. Aufgrund der eigenständigen<br />

510<br />

511<br />

512<br />

Bill, 1959, S. 18. [Kleinschrift]<br />

Vgl. Bill, Grundlage 1955, S. 560.<br />

Vgl. Beckmann, Hannes: Die Grü nderjahre. In: Neumann (Hrsg.), 1985, S. 277.

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