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Selbstverständlichkeit dar. In der Praxis habe sich jedoch gezeigt, daßaus der reinen<br />

Zweckerfü llung keinesfalls automatisch auch Schönheit resultierte. Deshalb wollte sich<br />

Bill darauf konzentrieren, die seiner Ansicht nach viel schwierigere ästhetische Funktionserfü<br />

llung zu lehren. Denn das<br />

„Streben nach Schönheit [...] ist weit mü hevoller; die Anstrengungen sind größer,<br />

und solche Anstrengungen erfolgen nur unter bestimmten Voraussetzungen,<br />

dann, wenn die gestalterischen Kräfte in der Lage sind, die Formidee mit<br />

den praktischen Aufgaben harmonisch zu verbinden.“ 503<br />

An dieses fü r alle Gestaltungsgebiete gleichermaßen akute Problem wurden die Studierenden<br />

in der Grundlehre herangefü hrt, indem zweckfreie Ü bungen das ästhetische<br />

Empfinden trainieren und verfeinern sollten. 504 Konkrete Aufgaben sollten erst in der<br />

Abteilungsarbeit der folgenden Semester bearbeitet werden.<br />

Dementsprechend gliederte Bill die Grundlehre in folgende vier Punkte:<br />

„1. visuelle einfü hrung. training und experiment auf dem gebiet der visuellen<br />

wahrnehmungsphänomene (farbe, gestalt, raum).<br />

2. darstellungsmittel. ü bungen und analyse der elementaren darstellungsmethoden<br />

(foto, schrift, freies und technisches zeichnen).<br />

3. werkarbeit. praktische einfü hrung in die manuellen techniken (holz, metall,<br />

gips) und analyse der gestaltungsmittel.<br />

4. kulturelle integration. vorlesungen und seminare ü ber zeitgeschichte, gegenwartskunst,<br />

philosophie, kulturelle anthropologie, morphologie, psychologie,<br />

soziologie, ökonomie und politische wissenschaften.“ 505<br />

Die unter dem Begriff der kulturellen integration subsumierten geisteswissenschaftlichen<br />

Fächer sollten die Rahmenbedingungen fü r die theoretische Ausbildung abstecken<br />

und wurden von allen Studierenden unabhängig ihrer Semesterzahl besucht.<br />

506 Die intellektuelle Auseinandersetzung der Studierenden mit gesellschaftsrelevanten<br />

Themen bedeutete gleichzeitig eine politisch motivierte Ausbildung, wie sie in<br />

der ursprü nglichen Konzeption fü r eine Geschwister-Scholl-Hochschule intendiert<br />

gewesen war. Aufgrund der während des Dritten Reiches gemachten Erfahrungen galt<br />

die Einstellung von Gropius, die Hochschule mü sse ein politikfreier Raum sein, als<br />

ü berholt. Dementsprechend wurde die HfG dezidiert unter Berü cksichtigung der damals<br />

aktuellen historischen und politischen Fragestellungen konzipiert.<br />

„Die Beschäftigung mit der Zeitgeschichte [...], ebenso die Beschäftigung mit<br />

anderen Geisteswissenschaften hat zum Ziel, Erkenntnisse aus der Gegenwart<br />

und Vergangenheit sinngemäßauf die Beurteilung zukü nftiger Aufgaben<br />

anzuwenden. Die geisteswissenschaftlichen Disziplinen fü hren alle Studieren-<br />

503<br />

504<br />

505<br />

506<br />

Bill, Schönheit, 1949, S. 72.<br />

Vgl. Interview mit Max Bill. In: Lindinger (Hrsg.), ²1991, S. 66-67.<br />

Zitiert nach: Bill, 1959, S. 18. [Kleinschrift]<br />

Vgl. Staber, Grundlehre, 1955.

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