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formen, indem er Gropius gezielt als Fü rsprecher fü r seine eigenen Vorstellungen einsetzte.<br />

Dies bedeutete jedoch keinesfalls, daßsich Gropius beliebig instrumentalisieren<br />

ließ. Trotz der großen räumlichen Distanz zwischen seinem Bostoner Domizil und Ulm<br />

war er umfassend ü ber die Probleme der HfG informiert. Zwar war er gern bereit, mit<br />

seinem Namen den Boden fü r eine ideelle oder praktische Unterstü tzung der Bauhaus-<br />

Nachfolgerin zu bereiten. Trotzdem achtete er darauf, mehr der ganzen HfG als einzelnen<br />

Personen zu helfen, was an seinem Verhalten gegenü ber Bill besonders deutlich<br />

wurde. Letztlich stand fü r ihn ausschließlich die Fortfü hrung der eigenen Bauhaus-Idee<br />

im Vordergrund, die er personenunabhängig realisiert wissen wollte.<br />

Die Wahrung seines Rufs stand allerdings stets im Vordergrund, was an von Gropius<br />

getroffenen Vorsichtsmaßnahmen abzulesen ist. Eine bestand darin, Bill davon abzuraten,<br />

die Hochschule „Bauhaus Ulm“ zu nennen. Da Gropius seinerseits daran arbeitete,<br />

daßmit seinem Namen ein spezifisches und vor allem historisches Bauhaus-Bild<br />

assoziiert werden sollte, mußte eine andere Bezeichnung gesucht werden, die dann<br />

schließlich mit dem neutraleren Titel „Hochschule fü r Gestaltung“ auch gefunden<br />

wurde. Eine weitere Absicherung schuf er sich durch die Betonung, die Bauhaus-Idee<br />

mü sse beständig Aktualisierungen unterworfen werden, mit dem Effekt, daßGropius<br />

nicht fü r vermeintliche „Falschauslegungen“ verantwortlich gemacht werden konnte. Je<br />

nach Belieben hatte er letztlich die Möglichkeit, offen seine Zustimmung zu bekunden,<br />

oder sich zu distanzieren, wie dies in den sechziger Jahren geschah. Denn in seinem<br />

Interventionsbrief an Inge Aicher-Scholl bekundete er zwar seine Solidarität mit ihrer<br />

Person; es ging jedoch nicht mehr um konstruktive Hilfe, sondern vorrangig darum,<br />

daßGropius seinen Namen nicht fü r eine zweifelhafte Sache hergeben könne. Und<br />

auch sein Beharren auf eine politisch neutrale Schule angesichts der Proteste der Ulmer<br />

Studenten 1968 ist nicht nur auf eine längst ü berholte, weltfremde Einstellung zurü<br />

ckzufü hren. Sie beinhaltete vielmehr implizit den Vorwurf, die Studenten seien selbst<br />

Schuld an ihrem Schicksal.<br />

5.2. Ulm und das Bauhaus: Innen- und Auß enansicht<br />

Zeit ihres Bestehens hatte die HfG ein ambivalentes Verhältnis zum Bauhaus, was vor<br />

allem ihre Selbstdarstellung prägte, die, der Situation am Bauhaus vergleichbar, fü r<br />

das Fortbestehen der Hochschule von existentieller Bedeutung war. Gegrü ndet als<br />

„neues Bauhaus“, emanzipierte sich die Ulmer Hochschule im Laufe der Jahre zunehmend<br />

von ihrer historischen Vorgängerinstitution, indem sie eigene, vom Bauhaus klar<br />

zu unterscheidende Positionen entwickelte. Doch die in der Grü ndungsphase betonte<br />

Verwandtschaft mit dem Bauhaus setzte die HfG unter einen starken Leistungsdruck

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