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den aus der Grundlehre und den Abteilungen zusammen. Daraus entsteht enger<br />

Kontakt und reger Gedankenaustausch.“ 507<br />

Das Fach diente also nicht nur einer Ausbildung im Sinne eines „studium generale“,<br />

sondern auch einem studentischen Diskurs, durch den ein Wertekonsens erzielt und<br />

die Arbeit an der HfG maßgeblich charakterisiert werden sollte. Die Verankerung einer<br />

schulspezifischen Gestaltungstheorie im gesellschaftlichen Kontext und wissenschaftlichen<br />

Diskurs der fü nfziger Jahre stellte in bezug auf die politische Motivation der<br />

Hochschule aus dem Geist der antifaschistischen Prägung ihrer Grü nder einen wesentlichen<br />

Legitimationsaspekt dar.<br />

Die ersten drei Punkte des Programms spiegelten Bills rationale Herangehensweise an<br />

das Phänomen der Ästhetik wider. Ausgehend vom prinzipiell kü nstlerisch veranlagten<br />

Menschen sollte es diesem genü gen, sich ü ber wiederholte Ü bungen die erforderlichen<br />

Fähigkeiten anzutrainieren. Indem die visuell erfahrbaren Wahrnehmungsphänomene<br />

wie zum Beispiel Perspektive oder Proportion immer wieder untersucht und die Abhängigkeit<br />

des Ganzen von den Einzelelementen demonstriert wurde, sollten sie nachvollzogen<br />

und vor allem verinnerlicht werden. Ziel war unter anderem die Urteilsfähigkeit<br />

darü ber, ob und inwieweit die ästhetischen Ansprü che erfü llt wurden. Auf dieser reinen<br />

visuellen Kennerschaft baute dann die praktische Umsetzung auf. In zwei- und dreidimensional<br />

ausgerichteten Ü bungen sollten die theoretisch erlernten Zusammenhänge<br />

unter Anleitung der Werkstattleiter in den entsprechenden Materialwerkstätten<br />

realisiert werden. Dem dabei verwendeten Material wurde allerdings eine eher untergeordnete<br />

Rolle zugeteilt. Im Gegensatz zum Bauhaus, wo die unterschiedlichsten<br />

Werkstoffe in ihren spezifischen Eigenschaften zuerst erforscht wurden und dann den<br />

Ausgangspunkt fü r den Gestaltungsprozeßbildeten, wurden sie an der HfG lediglich<br />

unter pragmatischen Gesichtspunkten betrachtet. 508<br />

Bill verfolgte mit seiner Ausbildung das Ziel einer umfassenden „Objektivierung“ des<br />

gesamten Gestaltungsprozesses. 509 Konsequenterweise beschränkte sich das Training<br />

167<br />

der Sinne ausschließlich auf das Visuelle und die individuelle Erfahrung der haptischen<br />

Qualitäten der Werkstoffe. Die sich daraus ergebenden kreativen Möglichkeiten spielten<br />

im Gegensatz zum Bauhaus keine Rolle mehr. Nicht nur der Arbeitsablauf, sondern<br />

507<br />

508<br />

509<br />

Vgl. ebenda.<br />

Dies hatte nicht zuletzt auch damit zu tun, daßdie immer komplexer werdenden Entwü rfe<br />

in ihren technischen Einzelheiten nicht konkret hergestellt werden konnten.<br />

Vgl. Bill, 1959, S. 18. [Kleinschrift]; vgl. dazu auch Moholy-Nagy, 1929, S. 69: „das<br />

gestalterische problem setzt erst da ein, wo die freiheit beginnt, wo die von uns ü bersehbare<br />

funktion nicht mehr oder noch nicht restlos die gestalt bestimmt. in solchen fällen muß<br />

eine gefü hlsmäßige sicherheit helfen, die nichts anderes ist als das resultat komplizierter,<br />

im unterbewußtsein sich abspielender, letzten endes biologisch bestimmter vorgänge.“

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