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38<br />

dete sich auch Gropius selbst zu Wort, der polemisierend entgegnete, daßsich<br />

Schwarz‘Attacke<br />

„in ihrem mü den und ü berheblichen Ton und in ihrem Mangel an Sachkenntnis<br />

in nichts von den Angriffen der Bauhausgegner der Hitlerzeit unterscheidet.“ 111<br />

Bereits zu Beginn der fü nfziger Jahre wurde also jegliche Kritik an Gropius als Zeichen<br />

einer latent faschistischen Gesinnung gewertet, ohne daßeine ernsthafte Auseinandersetzung<br />

mit den Sachargumenten stattgefunden hätte. 112<br />

Gropius bemü hte sich daraufhin persönlich um die Verbreitung seiner am Bauhaus entwickelten<br />

Konzepte, die er in einer Vielzahl von Artikeln, Bü chern und Interviews propagierte.<br />

Bei der Realisierung des Ulmer Hochschulprojektes gab er Hilfestellungen<br />

(vgl. Kapitel 5.1.), bereitwillig unterstü tzte er Ausstellungen zum Thema und schrieb<br />

Geleitworte zu Katalogen, was einer Autorisierung der Unternehmung gleichkam. Indem<br />

er sich nach Zeitschriftenartikeln zu Wort meldete, in denen seiner Meinung nach<br />

das Bauhaus oder bestimmte Personen in ihrer Bedeutung nicht korrekt dargestellt<br />

worden waren, erklärte er sich selbst in strittigen Fragen zur letzten Instanz. 113 In diesem<br />

Sinne verteidigte Gropius das Institut auch gegen Angriffe, von denen er glaubte,<br />

daßsie sich lediglich mit oberflächlichen Erscheinungen beschäftigten und meist aus<br />

einer mangelhaften Informationslage resultierten. 114 Noch 35 Jahre nach der Schließung<br />

machte sich Gropius auf diese Weise zum Anwalt „seines“ Instituts. So formulierte<br />

er 1960 in dem bereits erwähnten Brief an Giedion seine persönliche Sicht auf<br />

das Bauhaus:<br />

„Mein eigenes Interesse an der Weiterentwicklung der Bauhausidee ist heute<br />

wacher denn je. Nach scharfer Selbstkritik durch 40 Jahre reifender Erfahrung<br />

kann ich feststellen, daßmir die Grundidee des Bauhauses noch heute<br />

ebenso lebendig und entwicklungsmäßig notwendig erscheint wie in den<br />

zwanziger Jahren. – Der vielseitige kü nstlerische Mensch, wie wir ihn am<br />

Bauhaus unter der Fü hrung bedeutender Persönlichkeiten zu erziehen suchten,<br />

ist der Prototyp echter Demokratie. Elastisch im Denken und geschult<br />

im Verständnis fü r unsere industrielle Produktion, kann er sie beeinflussen<br />

und in kreative Bahnen lenken. – Durch vier Jahrzehnte habe ich das Auf und<br />

Nieder der Kritik ü ber das Bauhaus beobachtet. Das größte Mißverständnis in<br />

der Beurteilung wurde dadurch hervorgerufen, daßman in den Formen, die<br />

das Bauhaus entwickelte, ein stilistisches Diktat zu finden glaubte. Erst jetzt<br />

beginnt sich allmählich Verständnis fü r den wirklichen Beitrag des Bauhauses<br />

zu entwickeln: Seine Bedeutung bestand nicht in der Verknü pfung eines stili-<br />

111<br />

112<br />

113<br />

114<br />

Gropius, Walter: Polemik nach rü ckwärts. In: Die Neue Zeitung (Mü nchen), 11./12.04.1953.<br />

Vgl. dazu Conrads / Droste / Nerdinger / Strohl (Hrsg.), 1994.<br />

Vgl. die Diskussionen mit dem ehemaligen Bauhäusler Howard Dearstyne im Journal of<br />

the American Institute of Architects 1962/63 und den Briefwechsel mit Maldonado, abgedruckt<br />

in: ulm (Ulm), 1963/64. – Vgl. Literaturverzeichnis.<br />

Vgl. Gropius, 1969, S. 28.

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