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171<br />

postulierte, „Technik braucht nicht Kunst, aber Kunst braucht sehr wohl Technik“, 519 so<br />

hatte er sich gegen die althergebrachte Einheit von Kunst und Handwerk abgrenzen<br />

wollen, die bis dahin die Entwicklung von industriell hergestellten Erzeugnissen maßgeblich<br />

beeinflußt hatte. Zu jener Zeit stand jedoch die Massenproduktion noch am<br />

Anfang ihrer Entwicklung, in deren Verlauf erst die ästhetischen zugunsten der produktiven<br />

und ökonomischen Komponenten verdrängt wurden. Wenn Gropius also die Einheit<br />

von Kunst und Technik beschwor, so geschah dies in der Ü berzeugung, daßdie<br />

Technik stärker als bisher in der zunehmend industriell geprägten Gebrauchsgü tergestaltung<br />

berü cksichtigt werden mußte. Dementsprechend konzipierte er auch die Ausbildung<br />

am Bauhaus, die deswegen avantgardistisch zu nennen war, weil sie erstmals<br />

die industriellen Anforderungen an Typisierung und Normierung zu berü cksichtigen<br />

versuchte.<br />

Bills Forderung, bei der Ausbildung von Gestaltern die ästhetischen, also kü nstlerischen<br />

Merkmale wieder stärker zu berü cksichtigen, rü hrte aus den in den dreißiger und<br />

vierziger Jahren gemachten Erfahrungen in der Produktgestaltung, die deren äußere<br />

Gestalt unter verstärkt verkaufsorientierten Gesichtspunkten betrachtet hatte und demzufolge<br />

die Ästhetik in den Hintergrund gedrängt hatte. Zwar sollte die „Kunst“ beziehungsweise<br />

die ästhetische Komponente beim Entwurf fü r die industrielle Massenproduktion<br />

wieder stärker Berü cksichtigung finden, aber eine tatsächliche Vereinigung von<br />

beiden Aspekten innerhalb eines Berufsbildes lag Bill fern, denn an den technischen<br />

Problemen und ökonomischen Aspekten der Produktion war er wenig interessiert. 520<br />

Sein Bedü rfnis nach Einflußnahme auf die Industrie beschränkte sich vornehmlich auf<br />

die moderne, ästhetisch anspruchsvolle Gestaltung der Produkte. Wenn Gropius und<br />

vor allem sein Nachfolger Meyer soziale Aspekte, wie z.B. Langlebigkeit und niedrige<br />

Herstellungskosten der Produkte als wesentliche Prinzipien ihrer Tätigkeit betrachteten,<br />

so war Bill durchaus bereit, diese zugunsten kommerzieller Interessen der Industrie<br />

zu opfern. 521<br />

Bills Eintreten fü r die Verantwortung des Kü nstlers nicht nur fü r rein ideelle, sondern<br />

auch fü r materielle Bedü rfnisse war doppelt motiviert. Zum einen wertete er die Produkte<br />

durch die kü nstlerische Kompetenz des Gestalters auf und erweiterte damit dessen<br />

Geltungsbereich. Zum anderen sprach er indirekt ausschließlich der reinen (bildenden)<br />

Kunst wahrhaft schöpferische Qualitäten zu, welche die Produktgestaltung<br />

519<br />

520<br />

521<br />

Vgl. Gropius, Walter: Brevier fü r Bauhäusler [1924]. In: Wingler, 1975, S.90.<br />

Vgl. Bill, Grundlage, 1955, S. 559.<br />

Die Haltbarkeit von Produkten sah Bill sogar nur als bedingt erstrebenswert an, da diese<br />

den Warenflußhemme. – Ebenda.

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