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44<br />

Gelegenheit geboten, sein persönliches – negatives – Bild von Meyer darzulegen: 142 In<br />

Bezug auf die Errungenschaften Meyers als Bauhaus-Direktor habe dieser lediglich<br />

das fortsetzen mü ssen, was unter Gropius bereits vorbereitet worden war. Vor allem in<br />

charakterlicher Hinsicht hatte Gropius kein gutes Wort fü r Meyer ü brig. Er unterstellte<br />

seinem Nachfolger, dieser sei unaufrichtig und opportunistisch gewesen und habe darü<br />

ber hinaus die Frü chte der Arbeit von Gropius fü r sich selbst in Anspruch nehmen<br />

wollen. Schließlich sei Meyer ü berhaupt nicht am Bauhaus selbst interessiert gewesen,<br />

sondern habe es nur als Plattform fü r seine politischen Aktivitäten betrachtet:<br />

„Ich habe mich in der Beurteilung seines Charakters geirrt und bin schuld<br />

daran, dass er mein Nachfolger wurde, weil ich nicht die Maske ü ber seinem<br />

Gesicht erkannte. [...] Meyers Ruf als Architekt mit starkem sozialem Interesse<br />

hatte mich angezogen, und während der ersten Periode seiner Arbeit am<br />

Bauhaus habe ich nicht an seinen Qualifikationen gezweifelt. [...] Trotzdem bin<br />

ich ihm nie persönlich nahegekommen, denn er war verschlossen und – wie<br />

sich später herausstellte – verschleierte absichtlich seine persönlichen Ansichten<br />

und Absichten.“ 143<br />

Offensichtlich resultierte Gropius’ Enttäuschung daraus, daßMeyer es geduldet hatte,<br />

daßdie Politik im Leben mancher Bauhäusler einen wichtigen Stellenwert einnahm,<br />

obwohl er von Gropius darauf hingewiesen worden war, dies mit allen Mitteln zu vermeiden.<br />

Es sei letztlich Meyers politischer Instinktlosigkeit zuzuschreiben, daßdas<br />

Bauhaus in seiner Existenz massiv bedroht worden sei. Als engagierter Direktor hätte<br />

er seine eigenen Ideale hinter die Interessen des Instituts stellen mü ssen. 144<br />

Der Verleger hatte sich dazu entschlossen, lediglich einen Brief von Gropius abzudrucken,<br />

obwohl Maldonado und der Bauhaus-Grü nder mehrere Briefe ausgetauscht<br />

hatten. Als Schnaidt vom Verleger eine Erklärung fü r die unvollständige Darstellung<br />

des Disputs forderte, bekam er unter anderem folgende Antwort:<br />

„Meyer ist eine zwielichtige Figur, und wir halten ihn, ganz abgesehen von<br />

seinen Arbeiten, genau wie dies Prof. Gropius ungefähr umschrieben hat, fü r<br />

einen arrivierten Spießbü rger. Am meisten hat uns dabei gestört, daßnach<br />

der Erkenntnis der gesamten im Buch enthaltenen Schriften unserer Ansicht<br />

nach Meyer ohne weiteres auch mit den Nazis paktiert hätte, falls diese ihn<br />

akzeptiert hätten. Sein Pseudokommunismus und seine Kehrtwendung in<br />

Rußland unter dem Stalinismus beweisen das mehr als deutlich. Wenn es<br />

auch in unserem Verlag möglich ist, fachlich einander völlig widersprechende<br />

Themen zu publizieren, weil wir gerne Themen zur Diskussion stellen, so wer-<br />

142<br />

143<br />

144<br />

Schnaidt hatte Gropius in einem Brief vergeblich dazu aufgefordert, den Abdruck seines<br />

Briefes zu ü berdenken. – Schnaidt, Claude: Brief an Walter Gropius vom 08.10.1964<br />

[BHA]; vgl. dazu Maldonado, Tomás: Brief an Walter Gropius vom 01.11.63. In: ulm (Ulm),<br />

1964, Nr. 10/11, S. 64-65; Gropius, Walter: Stellungnahmen zu „Ist das Bauhaus aktuell?“<br />

In: ulm (Ulm), 1964, Nr. 9/10, S. 62-64, 67-70.<br />

Zitiert nach Schnaidt, 1965, S. 122.<br />

Ebenda.

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