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Lehre aber durch all diese Veränderungen keineswegs entpolitisiert. Denn während<br />

Inge Scholl noch den demokratisch-humanistisch gebildeten Menschen als Ausbildungsziel<br />

vor Augen hatte, betrachtete Bill diesen als Voraussetzung fü r die „Verwirklichung<br />

von sozial bedeutenden Gestaltungsaufgaben und zur Kultivierung der Lebensform<br />

unseres technischen Zeitalters.“ 352<br />

Auch in der entscheidenden Frage ü ber die Zusammensetzung des Lehrpersonals<br />

versuchte Bill, sich gegenü ber Inge Scholl durchzusetzen. Gestü tzt auf ihre Erfahrungen<br />

als Volkshochschulleiterin, bevorzugte Scholl junge, begeisterungsfähige Menschen<br />

mit einer „unbelasteten“ Vergangenheit. Fachliche Qualifikationen standen bei<br />

ihr an untergeordneter Stelle. Bill hingegen favorisierte Lehrer der älteren Generation,<br />

die in der Weimarer Republik noch eine fundierte Ausbildung erhalten hatten und weitreichende<br />

pädagogische oder gestalterische Erfahrungen aufweisen konnten. Darü ber<br />

hinaus sah er in der Berufung gleichgesinnter Kollegen die Chance, seine eigene Stellung<br />

zu festigen. Besonders wichtig war ihm ein praktischer oder wenigstens ideeller<br />

Bezug zum historischen Bauhaus, denn<br />

„je mehr bauhaus-leute an der schule sind, desto eher hat man die gewähr,<br />

dass 1. eine ü bereinstimmung in der idee besteht, 2. die entwicklungsfehler<br />

des bauhauses nicht wiederholt werden, 3. neue ideen entstehen aufgrund<br />

der neuen erfahrungen.“ 353<br />

Der Rü ckgriff auf alte Kontakte zu Bauhäuslern oder anderen Mitstreitern der vergangenen<br />

Jahre war in der Anfangszeit wohl auch dringend nötig, um ü berhaupt einen<br />

soliden Stamm an Mitarbeitern zusammenstellen zu können. Der Standort Ulm und die<br />

geringen finanziellen Mittel, die man zur Verfü gung hatte, machten die Hochschule als<br />

Arbeitsplatz nicht gerade attraktiv. Die etablierten Kräfte, an die Bill ursprü nglich gedacht<br />

hatte, waren allenfalls zu einer Gastdozentur zu bewegen, hatten aber keinerlei<br />

Interesse daran, ihre Karriere zu unterbrechen oder gar fü r ein Experiment mit ungewissem<br />

Ausgang aufs Spiel zu setzen. 354 Dementsprechend wurden ein Großteil der<br />

Lehre durch Gastdozenten bestritten, die häufiger wechselten. Auch später in den<br />

sechziger Jahren war die wichtige Unterscheidung zwischen hauptamtlichen und befristeten<br />

Lehrkräften eines der auffälligsten Merkmale am Ulmer Ausbildungskonzept.<br />

Ehemalige Bauhäusler fest an das Ulmer Institut zu binden, gelang nur im Fall der<br />

Kleeschü lerin Helene Nonné -Schmidt, die Farblehre unterrichtete. Die ehemaligen<br />

352<br />

353<br />

354<br />

Programm der Hochschule fü r Gestaltung 1952; zitiert nach Frei, 1991, S. 281.<br />

Bill, Max: Brief an Inge Scholl vom 18.07.1950, [Privat-Archiv Bill Zü rich]; zitiert nach<br />

Seckendorff, 1989, S. 94.<br />

Vgl. Seckendorff, 1989, S. 95.

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