23.04.2015 Aufrufe

Dokument_1.pdf (4720 KB) - OPUS4

Dokument_1.pdf (4720 KB) - OPUS4

Dokument_1.pdf (4720 KB) - OPUS4

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

217<br />

dafü r, daßaus dieser Arbeitsweise nicht zwangsläufig stereotype rechtwinklige Formen<br />

resultieren mußten.<br />

Grundsätzlich war die Ulmer Hochschule nicht dagegen gefeit, daßdie Arbeitsergebnisse<br />

der Grundlehre oder Elementarkurse direkt und ohne Modifikationen in die Entwurfsarbeit<br />

einflossen, was in Formalismus gipfeln konnte. Dazu gehört beispielsweise<br />

der 1956 in der Grundlehre entstandene „Halter fü r Papiertaschentü cher“ (Abb. 90),<br />

der in Zusammenhang mit den von Maldonado entwickelten Ü bungen zu nicht orientierbaren<br />

Flächen respektive Körpern zu betrachten ist. Dieser Gefahr waren sich jedoch<br />

Dozenten und Studierende gleichermaßen bewußt und wurden kritisch beobachtet.<br />

So veröffentlichte die Studentenzeitschrift output eine Glosse zu den aktuellen<br />

Themen der Formschlü ssigkeit von katametrischen Elementen, welche die Arbeitsergebnisse<br />

ironisch kommentierte. 655 (Abb. 91)<br />

Nicht nur die Produktgestaltung zeigte direkte Einflü sse der behandelten Probleme,<br />

auch die Studenten der Abteilung Visuelle Kommunikation hatten die mathematischen<br />

Verfahren so sehr verinnerlicht, daßsie sich in der Entwurfsarbeit niederschlugen. So<br />

entwarf das 2. Studienjahr 1964/65 unter dem japanischen Gastdozenten Kohei Sugiura<br />

unter anderem ein Plakat fü r IBM. (Abb. 92) Der Student Nittner thematisierte in<br />

seinem Entwurf das Problem der Drehung und der Kombinatorik, wofü r er sich eines in<br />

neun Quadrate unterteilten Rasters bediente, das durch vier mal vier kleine weiße<br />

Punkte auf hellgrauem Grund angedeutet ist. Vier dieser Quadrate fü gen sich einerseits<br />

zu einem großen Quadrat optisch zusammen, zerfallen andererseits jedoch wieder<br />

selbst in kleine, durch Text angedeutete Subquadrate. Indem sich die linksbü ndig<br />

in grü nem Flattersatz angeordneten Subquadrate um einen imaginären Mittelpunkt<br />

drehen, gerät der Text in Bewegung. Darü ber hinaus ergeben sich Metazeichen, hervorgerufen<br />

durch mehrfach untereinander angeordnete identische Wörter, die unterschiedliche<br />

Schraffuren evozieren. Ein ähnliches Werk könnte genausogut mit kü nstlerischem<br />

Anspruch im Rahmen der konkreten Poesie entstanden sein, wobei natü rlich<br />

als immanentes Wesensmerkmal der Text und sein Informationsgehalt zu verstehen<br />

sind. 656 Jedenfalls ist es im Falle Nittners eindeutig, daßsich die formale Gestaltung in<br />

ihrer Bedeutung vor den inhaltlichen Informationsgehalt geschoben hat, der aufgrund<br />

der unterschiedlichen Textrichtungen nur schwer zu erfassen ist.<br />

655<br />

656<br />

Vgl. Vahlenbreder, Aribert: Wir leiden seit langem ... In: output (Ulm) , 1961 (Juni), Nr. 4/5,<br />

S. 37.<br />

Zur Konkreten Poesie vgl. Brög, Hans / Sauerbier, S.D. / Senger, Anneliese / Stock, Alex:<br />

Konkrete Kunst – Konkrete Poesie. Programmatik, Theorie, Didaktik, Kritik. Kastellaun,<br />

1977.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!