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des Themas „Form“, in diesem Fall der Form des immateriellen Zwischenraums, gelten.<br />

Die „Gitterelemente“ ließen sich ü berdies unendlich in die Höhe stapeln, so daßStelen<br />

entstanden, die an die endlosen Säulen von Brancusi erinnerten. 646 Doch während die<br />

Arbeiten des Rumänen von jeder Seite eine identische Erscheinung erhielten, zeichneten<br />

sich Zeischeggs Arbeiten dadurch aus, daßsie bei einer Veränderung des<br />

Blickwinkels einen vollkommen neuartigen Effekt erzeugten.<br />

Das Problem der Säule oder Stele behandelte Zeischegg ü berdies auch in freien Bildhauerarbeiten.<br />

Dabei handelte es sich um geometrische Körper, die in ihrer visuellen<br />

Wirkung je nach Schauseite zwei unterschiedliche Effekte bereit hielten, allerdings im<br />

Gegensatz zu den filigranen Gitterwänden vor allem durch ihre Körperlichkeit beeindruckten.<br />

(Abb. 83) An ihnen stellte Zeischegg dar, daßeine dreidimensionale Gestalt<br />

durchaus mehrere Ansichten haben kann, ohne ihre Signifikanz einzubü ßen.<br />

Wie schon im vorangegangenen Kapitel aufgezeigt, lag es auch bei Zeischeggs Entwü<br />

rfen letztlich in der Hand des Nutzers, wozu er sie gebrauchen wollte. Als Erweiterung<br />

der Einsatzmöglichkeiten bot Zeischegg nun allerdings die Funktion „Kunst“ an.<br />

Ebensowenig wie Vordemberge-Gildewart klammerte also Zeischegg die kü nstlerische<br />

Arbeit, sei sie frei oder angewandt, aus seinem Unterricht aus. Als Lehrer versuchte er,<br />

die Studenten dazu zu motivieren, ausgetretene Pfade zu verlassen und eigenständige<br />

Lösungen jenseits der rechtwinkligen statischen Formen zu finden. 647 Damit schuf er<br />

eine Arbeitsatmosphäre fernab der gängigen Vorstellung einer klösterlichen Bruderschaft<br />

, die vielmehr die Studierenden ermutigte, sich nicht dem „Ulmer Stil“ unterzuordnen,<br />

sondern die eigene gestalterische Kreativität zu entdecken und auszuschöpfen.<br />

648<br />

Die Tätigkeit beider Lehrer an der HfG zeigt, daßes nicht zulässig ist, die Hochschule<br />

pauschal als kunstfeindlich zu titulieren, da beide unangefochten gleichermaßen<br />

kü nstlerisch wie auch pädagogisch und gestalterisch tätig waren. Trotzdem stellten ihre<br />

Kollegen niemals ihre Daseinsberechtigung in Ulm in Frage. Während Vordemberge-<br />

Gildewart konsequent seinen bereits vor dem Weltkrieg eingeschlagenen Weg weiterverfolgte,<br />

stellte sich Zeischegg mehr auf die neue Situation in der Hochschule und<br />

646<br />

647<br />

648<br />

Vgl. dazu auch Scholtz, „... wo sich plötzlich eine Form selbständig macht“, 1992, S. 36-37.<br />

Vgl. die Erinnerungen des Studenten Werner Zemp. Zitiert in: Ebenda, S. 27-28.<br />

Vgl. dazu auch das Interview mit Gerda Mü ller-Krauspe. In: Archiv der Hochschule fü r Gestaltung<br />

Ulm (Hrsg.), 1992, S. 69-71.

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