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124<br />

verbreitete Bill nicht nur jugendliche Begeisterung, sondern auch das Pathos eines<br />

Strebens nach einem Gesamtkunstwerk, das in der jungen deutschen Nachkriegsdemokratie<br />

natü rlich demokratisch geprägt sein sollte.<br />

So sehr Bill auch auf das Bauhaus festgelegt war, so stark war jedoch sein Bestreben,<br />

ein originäres neues Institut aufzubauen und nicht lediglich eine bloße Wiederholung<br />

des historischen Instituts zu versuchen. Dies wäre schnell in den Verdacht des Altmodischen<br />

geraten, zumal in der Nachkriegszeit der Begriff der „Tradition“ durch einen<br />

ü berstrapazierten Gebrauch im Dritten Reich eher negativ belegt war. Daraus erklärt<br />

sich die beschriebene Ambivalenz in Bills Schriften, die einerseits die lebendige Arbeitsatmosphäre<br />

am Bauhaus heraufbeschworen und andererseits eher nü chtern und<br />

zum Teil sogar abfällig ü ber die am Bauhaus entstandenen Arbeiten urteilten.<br />

Als Abgrenzungsversuche sind meines Erachtens auch Statements wider besseren<br />

Wissens zu verstehen, wenn Bill zum Beispiel behauptete, die<br />

„Generation der Bauhausmeister war noch gespalten in Kü nstler und Techniker.<br />

Meine Generation hat jenen Typ des Gestalters hervorgebracht, dem die<br />

Kunst eine Lebensfrage ist, dem aber die Mitarbeit an den Aufgaben der Gesellschaft,<br />

an den täglich zu lösenden Problemen mit zur Lebensaufgabe geworden<br />

ist.“ 385<br />

Schließlich war zu Bills Studienzeit bereits die zweite Lehrer-Generation am Bauhaus<br />

tätig gewesen, die nach dem Studium am Bauhaus eben gerade diese Kombination<br />

von kü nstlerischen und handwerklichen Fähigkeiten repräsentierte.<br />

Auch Bills Eröffnungsrede zur Hochschuleinweihung 1955 war von dem Problem geprägt,<br />

daßer die HfG als pragmatisches zukunftsorientiertes Institut darstellen wollte,<br />

welches das Bauhaus hinter sich gelassen hatte, ohne sich von ihm allzu weit zu entfernen.<br />

Schließlich war während der vorangegangenen zwei Jahre die theoretisch formulierte<br />

Bauhaus-Nachfolge praktisch immer mehr in den Hintergrund getreten. Nun<br />

sollte der avantgardistische Anspruch der eigenen Arbeit auch dem Vergleich zu anderen,<br />

bereits etablierten Schulen standhalten. Deshalb erklärte Bill seine eigene Arbeitsweise<br />

als einzige moralisch vertretbare, da in verwandten Ausbildungsgängen die<br />

äußere Gestalt häufig nach kosmetischen Gesichtspunkten gestaltet werde.<br />

„Jede uns bekannte Institution läuft immer wieder Gefahr, durch brillante Lösungen<br />

im vornherein ü ber die wahren Sachverhalte zu täuschen.“ 386<br />

Im Bereich der Alltagsgegenstände jedoch sei der schöne Schein fehl am Platz, entscheidend<br />

sei die „gute Form“. Aus dem Bewußtsein, daßdie Ulmer Arbeitsergebnisse<br />

im Vergleich zu diesen „brillanten Lösungen“ einen sehr farblosen Eindruck machten,<br />

385<br />

386<br />

Bill, 1952, S. 15.<br />

Bill, Aufgabe, 1955.

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