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stü tzung in der Bevölkerung hervor. 409 Wahrscheinlich wurden die demonstrierenden<br />

Ulmer von der breiten Masse lediglich als eine weitere protestierende Studentengruppierung<br />

wahrgenommen, derer es im Mai 1968 viele gab. Auch die politischen Entscheidungsträger<br />

konnten durch die vorgebrachten Argumente nicht umgestimmt werden.<br />

410<br />

Wie emotional die Kampagne betrieben wurde, zeigt der Versuch, sogar mit Hilfe des<br />

Schicksals der Geschwister Scholl die kulturellen Problemen gegenü ber uninteressierte<br />

Ö ffentlichkeit aufzurü tteln. Die Hinrichtungen von Hans und Sophie Scholl im<br />

Jahre 1943 wurde mit der drohenden „Hinrichtung“ der HfG 25 Jahre später gleichgesetzt.<br />

Solidarische Journalisten ü bernahmen das Vokabular und nannten die Schließung<br />

fortan „Liquidation“. 411 (Abb. 17) Flugblätter wurden verteilt, auf denen die<br />

„Mordanzeige“ der HfG zu lesen war:<br />

„Wir rufen die Mitglieder der Massenmedien auf, das Vorgehen der Verantwortlichen<br />

zu demaskieren als das, was es ist: Ein kulturpolitischer Skandal,<br />

ein politischer Mord.“ 412<br />

Mit diesem schamlosen Vergleich präsentierte sich die Ulmer Hochschule als eine<br />

verfolgte Widerstandsgruppe im Widerstreit mit dem herrschenden politischen System.<br />

413 Die Fachpresse allerdings ließsich nur bis zu einem gewissen Grad auf die<br />

Ulmer Argumentationskette ein und schätzte die von den Politikern angefü hrten finanziellen<br />

Begrü ndungen schnell als Vorwand ein, der eine reaktionäre kulturpolitische<br />

Linie verschleiern sollte. 414 Gerade die breite Unterstü tzung in der Fachpresse belegt<br />

aber auch, daßsich die HfG aufgrund ihrer ü berzeugenden Arbeitsergebnisse in der<br />

133<br />

409<br />

410<br />

411<br />

412<br />

413<br />

414<br />

Hans M. Wingler schickte am 06.05.1968 lediglich ein von 63 ehemaligen Bauhäuslern<br />

unterschriebenen Solidaritätsschreiben (darunter auch Bill) an die HfG. Darin wurde die<br />

Hoffnung geäußert, daßdie zur Ausstellungseröffnung ebenfalls anwesenden kulturpolitischen<br />

Entscheidungsträger des Landes die Existenz der HfG doch noch langfristig garantieren<br />

wü rden. [BHA]<br />

Bill, 1968, S. 17. – Darin bemerkte Bill als einziger öffentlich, daßder demonstrative Bezug<br />

auf das Bauhaus eben von denjenigen betrieben wü rde, die sich von den Zielen des Bauhauses<br />

distanziert hätten.<br />

Selbst der damalige Ministerpräsident von Baden-Wü rttemberg, Filbinger, bediente sich<br />

dieses Ausdrucks, als er den Schlußstrich unter die Geschichte der HfG zog: „Wir wollen<br />

etwas Neues machen, und darum bedarf es der Liquidation des Alten.“<br />

Flugblatt der Hochschule fü r Gestaltung, 1968. Abgedruckt in: archithese (Niederteufen),<br />

1975, Nr. 15, S. 9.<br />

Vgl. dazu die Untersuchungen des Historikers René Spitz, der den Mord an der HfG Ulm<br />

als hagiographischen Mythos enttarnt. – Spitz, René : Hagiographie und Selbstbild. Marginalien<br />

zur Geschichte der HfG Ulm. In: form (Frankfurt a.M.), 1998, Nr. 3, S. 78.<br />

Vgl. Simon, Alfred: In Sachen HfG Ulm. In: Der Architekt (Berlin), 1968, Nr. 3, S. 69, oder:<br />

Das Bett der Königin und die Hochschule fü r Gestaltung. [W.F.] In: Werk und Zeit (Frankfurt<br />

a.M.) 1968, Nr. 2. S. 1.

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