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202<br />

lung als auch ihrer ästhetischen Formgebung rational nachvollziehbar sein mußte.<br />

Auch wenn Bill den Gestalter noch als von außen mit der Industrie in Kontakt tretenden<br />

„Entwurfslieferanten“ betrachtete, so erachtete er es fü r zwingend notwendig, daßdieser<br />

seine Arbeit gegenü ber der Industrie als „objektiv“ gestaltet „verkaufen“ konnte.<br />

Dies machte eine Schwerpunktverlagerung innerhalb der Grundkurs-Themen vonnöten,<br />

die sich fortan nicht mehr auf ein Kreativitätstraining und eine ästhetische Schulung<br />

beschränkte, sondern auch auf das intellektuelle Vermögen der Studierenden gerichtet<br />

war. Damit läutete Bill einen Reflektionsprozeßü ber das eigene Arbeiten ein,<br />

aus dem das intensive Nachdenken ü ber die Ausbildungsmethoden und -systematik an<br />

der HfG entsprang, welches wiederum die gestalterische Praxis im Ulm nachhaltig beeinflußte.<br />

Maldonado fü hrte Bills Ansatz fort und forcierte eine wissenschaftliche Fundamentierung<br />

der Entwurfsarbeit, die ihn zu einem neuen Berufsbild fü hrte. Die ideale Position<br />

des Gestalters lag fü r den Argentinier nicht außerhalb der Industrie, sondern im Zentrum<br />

des Herstellungsprozesses, an dem er als „Koordinator“ teilhaben sollte. Rü ckblickend<br />

schrieb Maldonado, er habe den Versuch unternommen,<br />

„auf dem Gebiet der Entwurfsarbeit eine Veränderung zu forcieren, die jenem<br />

Veränderungsprozeßähnelte, der aus der Alchimie die Chemie gemacht<br />

hatte.“ 612<br />

Dieses wissenschaftsdominierte Aufgabenverständnis, dem mit einer adäquaten Ausbildung<br />

entsprochen werden sollte, plazierte den Gestalter letztlich zwischen den<br />

Stü hlen, auf denen bereits die Spezialisten wie Maschinenbauer, Logistiker, Ingenieure<br />

oder Marketingexperten Platz genommen hatten. So blieb ihm die Aufgabe des Moderators,<br />

der zwar die Ansprü che des Verbrauchers vertrat, deren „nicht objektive“<br />

Aspekte allerdings nur bedingt berü cksichtigte. Deshalb bargen die Ulmer Entwü rfe vor<br />

allem der sechziger Jahre kein Geheimnis, wie es noch die Ulmer Hochschulbauten<br />

erahnen ließen. Stattdessen verwiesen sie ausschließlich auf sich selbst, nicht mehr,<br />

aber auch nicht weniger.<br />

5.4. HfG und Kunst – das Ende eines Tabus<br />

Otl Aicher selbst definierte 1987 den maßgeblichen Unterschied, der seiner Meinung<br />

nach zwischen Bauhaus und Ulm bestanden habe: Während sich das Bauhaus niemals<br />

von der Kunst habe lösen können und ihr Gestaltungsmittel lediglich auf die Ge-<br />

612<br />

Vgl. Maldonado, Tomás: Ulm im Rü ckblick. In: Lindinger (Hrsg.), ²1991, S. 222.

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