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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Amazonas genau das, was sie gesucht hatten.<br />

Denn als Portugal s<strong>ein</strong> Monopol mit dem Handel<br />

der Gewürzen aus Indien an die zahlreiche<br />

Konkurrenz verlor, bot der Amazonas Ersatz.<br />

Lokale, aber auch akklimatisierte Spezereien, die<br />

würzten <strong>und</strong> konservierten oder in der Medizin<br />

<strong>und</strong> der Parfümindustrie <strong>ein</strong>gesetzt wurden,<br />

wurden zum Geschäft der St<strong>und</strong>e. Eine für beide<br />

Seiten äußerst vorteilhafte, fruchtbringende<br />

Kooperation mit den religiösen Orden, allen voran<br />

dem Orden der Jesuiten, machte den Anfang. Ein<br />

Geben <strong>und</strong> Nehmen. Die religiösen Orden<br />

bekehrten die Indigenen zum wahrhaften<br />

Glauben, bot ihnen auch teilweise Schutz vor<br />

Willkür <strong>und</strong> lehrte sie vieles. Als Dank dafür<br />

wurde ihnen der lukrative Handel anvertraut.<br />

Besonders die Jesuiten, schon damals <strong>ein</strong><br />

komplett globalisierter Orden mit strenger<br />

Hierarchie, die auf unbedingten Gehorsam<br />

pochte, baute <strong>ein</strong> überaus effizientes <strong>und</strong><br />

lukratives Tauschgeschäft mit der lokalen<br />

Bevölkerung auf. Der Sammelbegriff für all diese<br />

Produkte aus dem Tropenfeuchtwald war «Drogas<br />

do Sertão».<br />

Ein Teil der Urbanisierung <strong>Amazonien</strong>s ist direkt<br />

mit der Ausbeutung ebendieser «Drogas do<br />

Sertão» zu erklären. Städte wie Belém <strong>und</strong><br />

Santarém wurden gegründet, um dem Schmuggel<br />

<strong>und</strong> der Piraterie ebendieser «Drogas do Sertão»<br />

Einhalt zu bieten.<br />

Der Jesuitenorden <strong>und</strong> viele andere tauschte<br />

Seelenheil gegen «Drogas do Sertão» <strong>ein</strong> <strong>und</strong><br />

diente somit allen s<strong>ein</strong>en Herren, den<br />

himmlischen <strong>und</strong> den weltlichen. Verschifften<br />

Talg von Seekühen, Schildkröteneier <strong>und</strong> –talg,<br />

lebende Papageien, Krokodile <strong>und</strong> andere<br />

Kuriositäten für überseeische Sammler <strong>und</strong> ihre<br />

Kuriositätenkabinette. Otter- <strong>und</strong> Panterfelle<br />

waren als Handeslgut genauso beliebt wie<br />

Paranüsse, Guarana, Kakao, Pfeffer <strong>und</strong> andere<br />

Gewürze. Ein paar der Spezereien waren so<br />

kostbar, dass sie in Gold aufgewogen wurden.<br />

Während der Rest Brasiliens, <strong>ein</strong>e portugiesische<br />

Kolonie, in strenger Abhängigkeit zum<br />

Mutterland gehalten, s<strong>ein</strong>en Reichtum aus<br />

Sklavenarbeit <strong>und</strong> Monokulturen bezog, Zucker,<br />

Kakao <strong>und</strong> Kaffee in riesigen Plantagen anbaute<br />

<strong>und</strong> exportierte, kam der Reichtum <strong>Amazonien</strong>s<br />

bis weit ins 20. Jahrh<strong>und</strong>ert hin<strong>ein</strong> aus der<br />

Extraktionswirtschaft.<br />

Im Amazonas ging das Handelsmonopol nach der<br />

Vertreibung der Jesuiten durch den aufgeklärten<br />

Minister Marques do Pombal, <strong>ein</strong> Iluminist, in die<br />

Hände der portugiesischen Regierung über. Das<br />

Ziel war es, Handelskompanien nach dem Muster<br />

der Holländer <strong>und</strong> Engländer aufzubauen. Die<br />

Weltgeschichte wollte es anders.<br />

Aber der Handel von damals, der nur natürliche<br />

Ressourcen ausbeutet, hat bis heute s<strong>ein</strong>e<br />

Bedeutung in der lokalen Ökonomie. Wie<br />

ehemals wird in der Region bis heute wie in<br />

<strong>ein</strong>em riesigen, unerschöpflichen Selbstbedienungsladen<br />

alles, was die Natur hergibt,<br />

geerntet. Angepflanzt wird nur, was für den<br />

täglichen Bedarf nötig ist. Der Amazonas gilt bis<br />

heute als <strong>ein</strong>e unendliche, riesige Ressourcenreserve,<br />

die es auszubeuten gilt, meist zum Wohl<br />

lokaler Eliten <strong>und</strong> auf den Rücken der weniger<br />

Informierten, Minderbemittelten, die, die k<strong>ein</strong>e<br />

Lobby haben. Stehengelassen hat das riesige<br />

Gebiet wenig Wert.<br />

Als Nachtrag: Das Wort “Sertão”, heute meist für<br />

den kargen brasilianischen Nordosten verwendet,<br />

wo es <strong>ein</strong>en kargen, trockenen Landstreifen<br />

beschreibt, mag für den Tropenwald unpassend<br />

klingen. Aber das Wort Sertão” benannte früher<br />

<strong>ein</strong>fach alle, meist unerforschte, karge,<br />

unfre<strong>und</strong>liche Teile der ungezählten<br />

brasilianischen Hinterlande, von denen es bis<br />

heute viele gibt. Auch das Wort “Droge” war<br />

anders besetzt. Es umschrieb all die<br />

Naturprodukte, die zu kulinarischen Zwecken,<br />

zum Konservieren, in der Medizin oder in der<br />

Parfümproduktion <strong>ein</strong>gesetzt wurden.<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 110

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