Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Das geografische Tier
Solch einen Hautausschlag hatte ich noch nie! Wie
der juckt! Der juckt so schauerlich, juckt so
grauslich! Bin fast am Verzweifeln. Alle bewährten
Hausmittel helfen nur für ein paar Minuten. Am
Unterarm kriege ich ihn irgendwann unter
Kontrolle. Am linken Fuß aber werde ich das
Gefühl nicht los, dass sich der Juckreiz verlagert.
Sich sozusagen unter der Haut weiter bewegt,
auch unter der Sohle. Es juckt immer an einer
neuen Stelle, ist etwas rot, es gibt keine offene
Wunde, keine Schwellung, nur der unerträgliche
Juckreiz.
Lade nur erklärte Fans von «Parasitas Assassinas»,
«Tödliche Parasiten», Danke Discovery! oder «Ein
rätselhafter Patient» ein, weiter zu lesen. Der
Juckreiz begleitet mich so eine kleine Weile. Bis
Tage später eine unserer Freundinnen mit ihrer
kleinen Tochter zu Besuch kommt. Das kleine,
süße Mädchen steht sofort im Brennpunkt aller
Interessen. Denn der süße Tropf hat da, an der
winzig blütenbleichen Hand, einen schauerlich
juckenden Ausschlag! Von allen gebührend
bewundert erfahre ich, dass das Schauerding gar
einen Namen hat. Es handelt sich um ein
sogenanntes «Bicho geográfico», ein
«Geografisches Tier»!
Dieses Tier, oder besser sein Zerstörungswerk
sieht genau so aus, wie die kleinen Irrwege auf
meiner Haut! Die, die so schauerlich jucken!!!!
Nach der Eigendiagnose ziehe ich weitergehenden
Nutzen aus dem folgenden freundschaftlichen
Gespräch, das sich darum dreht, wie man das Tier
denn nun wieder loswerden könne. Es gäbe
Medikamente oder Salben, die das Tier töten
würden, aber die Leber des Patienten könne etwas
in Mitleidenschaft gezogen werden. Das gelte es in
Kauf zu nehmen. Eine der Gesprächsteilnehmerinnen
allerdings erinnert sich, dass sie schon
gehört habe, dass man es mit Eis versuchen könne.
Ich bin fasziniert. Es soll ja Leute geben, die
ertränken ihre Würmer in Alkohol. Aber sozusagen
tiefgefrieren, unter der Haut, sowas von genial!
Kann es kaum erwarten, bis sich die Gesellschaft
verabschiedet und kühle dann das Tier, das
wirklich unter meiner Haut kleine Labyrinthe baut,
so lange und so ausgiebig aus, bis es den Kältetod
stirbt. Und? Funktioniert perfekt, Erfolg garantiert!
Nach zwei, drei Sitzungen bin ich diesen
schauerlichen geografischen Alptraum wieder los!
Fazit? Habe damit, was ich theoretisch schon
wusste, am eigenen Leib erfahren, dass in den
Tropfen unscheinbare Parasiten oft viel lästiger
sein können als die großen, ach so gefährlichen
Raubtiere, denen man nur mit sehr, sehr viel Glück
begegnet.
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